Steht vor einem eisigen Winter für die Tourismusbetriebe: Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP).

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Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und der Fixkostenzuschuss, das lief zuletzt nicht besonders reibungslos. Konkret will Blümel weiterhin jene Betriebe unterstützen, die durch die Corona-Pandemie hohe Umsatzverluste erleiden – und diesen durch die Verlängerung des Zuschusses eine "Überwinterung" ermöglichen. Der Staat soll den heimischen Unternehmen unter anderem bei Geschäftsraummieten, Leasingraten bis hin zu Abschreibungen und den Kosten für Strom, Gas und Telekommunikation kräftig unter die Arme greifen. Der Vorteil beim Fixkostenzuschuss aus Sicht der Betriebe: Die Beihilfe muss nicht zurückgezahlt werden.

Doch mit seiner Idee steht Blümel derzeit im Clinch mit der EU-Kommission. Blümel wollte eine Obergrenze von bis zu fünf Millionen Euro pro Unternehmen und Zuschüsse bis Mitte März 2021 gewähren, das EU-Beihilfenrecht erlaubt jedoch aktuell nur Hilfspläne bis Jahresende und mit einer Obergrenze von 800.000 Euro. Aktuelle Reformpläne der EU-Kommission sehen nun vor, in Zukunft Zuschüsse bis maximal zwei Millionen Euro und bis Mitte 2021 zu erlauben. Man nähert sich also an.

Aber selbst wenn die zweite Phase des Fixkostenzuschusses am Ende wie vom Minister ursprünglich gewünscht von der Kommission genehmigt werden sollte, könnte ein gravierender Konstruktionsfehler die Überwinterung heimischer Betriebe gefährden. Zumindest wenn es nach Paul Pichler geht, dem stellvertretenden Leiter des Instituts für Volkswirtschaftslehre der Universität Wien. "Wenn die Verlängerung des Fixkostenzuschusses so kommt wie in den Richtlinien angekündigt, dann werden viele Betriebe den Winter nicht überleben", berfürchtet Pichler. "Vor allem der Wintertourismus ist massiv gefährdet."

Zuschuss für viele Betriebe maximal bis Dezember

Der Grund: Die allermeisten Tourismusbetriebe würden laut Pichler die erste Phase des Fixkostenzuschusses für Mitte März bis Mitte Juni beantragt haben, da es in diesem Zeitraum durch den Lockdown zu massiven Umsatzverlusten gekommen ist. Die zweite Phase des Fixkostenzuschusses kann zwar für weitere maximal sechs Monate beantragt werden, muss aber laut Richtlinien des Finanzministeriums nahtlos an die erste Phase anschließen. Genau da liegt aus Pichlers Sicht der Fehler. "Die zahlreichen Betriebe, die den Zuschuss in Phase eins für das zweite Quartal beantragt haben oder beantragen werden, könnten in Phase zwei nur für ihre Verluste bis Mitte Dezember einen Zuschuss bekommen", erklärt Pichler. "Von einer Überwinterung kann also nicht gesprochen werden."

Hinzu kommt, dass die Sommerhauptsaison Nächtigungsstatistiken zufolge in vielen Tourismusregionen sehr gut gelaufen ist, auch weil viele Österreicherinnen und Österreicher "daheim" Urlaub gemacht haben. "Einen Umsatzrückgang von über 30 Prozent aufgrund der Corona-Pandemie, der als Voraussetzung für den Fixkostenzuschuss zwei gilt, werden die meisten Beherbergungsbetriebe im zweiten Halbjahr zum Glück nicht erleiden," sagt Pichler. Diese Betriebe gehen jedoch nun in der zweiten Phase völlig leer aus, und zwar auch dann, wenn die kommende Wintersaison zum Totalausfall werden sollte, wie von manchen Branchenexperten aufgrund zunehmender Reisewarnungen befürchtet. Eine gezielte Antragstellung nur für potenziell umsatzschwache Wintermonate ist laut Richtlinien nämlich nicht möglich. Diejenigen Betriebe, denen nach einem guten Sommer im Winter die Gäste ausbleiben, fallen allesamt aus dem System, erklärt Pichler.

"Das ist keine Überwinterung, sondern ein Todesstoß"

Das Finanzministerium erklärt dazu auf Anfrage des STANDARD nur und sehr verklausuliert, dass "die Entscheidung der EU-Kommission eine Entscheidungsgrundlage sein wird". Eine genaue Aufstellung, wie viele Betriebe, insbesondere im Tourismus, im Frühjahr die erste Variante des Fixkostenzuschusses beantragt haben, konnte das Ministerium am Freitag nicht liefern.

Mit der Konstruktion des Finanzministeriums gehen vor allem die Neos hart ins Gericht. "Ein Zuschuss, der für alle, die ihn bereits beantragt haben, in der Phase zwei vor dem Winter endet, ist keine Überwinterung, sondern ein Todesstoß", poltert deren Wirtschaftssprecher Sepp Schellhorn. "Weil man vor den kalten Monaten nackt dasteht. Vor lauter Misstrauen gegenüber den Betrieben, dass man sich die umsatzschwächsten Monate herauspickt, wurde von Blümel auch noch das einzige cashwirksame Instrument in den Sand gesetzt." (Jan Michael Marchart, 10.10.2020)