Neu und komfortabel, aber nicht ausgelastet: die Traunseetram von Gmunden nach Vorchdorf.

Foto: Stern & Hafferl

Wien – So nicht. Mit diesen Worten lässt sich der am Freitag veröffentlichte Prüfbericht des Rechnungshofes (RH) über die Realisierung der Traunseetram von Gmunden nach Vorchdorf zusammenfassen. Potenzialanalyse sowie Kosten-Nutzen-Analyse weisen grobe Mängel lauf. Deren Objektivität sei zudem zweifelhaft, da der Errichter und Betreiber der Bahn im Auftrag des Landes jene Studien selbst durchgeführt hatte, was für den RH "unter Compliance-Gesichtspunkten problematisch" ist.

2003 fiel der Grundsatzbeschluss, die bestehenden Bahnen – Gmundner Bim und die Lokalbahn nach Vorchdorf – als Traunseetram zu verbinden. Bund (20 Prozent), Land (62 Prozent) und Stadtgemeinde (zehn Prozent) finanzierten das Projekt fast zur Gänze. Den Rest steuerten der Betreiber sowie der Oberösterreichische Verkehrsverbund bei. Bei allen Beschlüssen der drei Gebietskörperschaften fehlte jedoch eine Gesamtübersicht über den Mitteleinsatz, so gleich der erste Kritikpunkt. Von 2003 bis 2030 kommt der RH auf 169,07 Millionen Euro.

Zu wenige Fahrgäste

Erste Fehler gab es demnach bereits in der Planung. So wurde bei der Potenzialanalyse 2010 keine Alternative zur Bim wie etwa eine Buslinie geprüft. Weiters waren allem Anschein nach die prognostizierten Fahrgastzahlen mit 2.730 Fahrgästen pro Werktag (bis 2025 sogar 3.300 Fahrgäste) zu hoch angesetzt, wie sich nach dem ersten Betriebsjahr 2018 herausstellte: Tatsächlich fuhren nur durchschnittlich 2.260 Fahrgäste.

Allein die Referenzwerte für die Leistungsfähigkeit von Straßenbahnen von 20.000 bis 100.000 Fahrgästen pro Tag hätten dafür gesprochen, dass in der Analyse ein Vergleich mit einer Buslinie – Referenzwert zwischen 8.000 bis 15.000 Fahrgästen – hätte gezogen werden sollen.

Kosten und Nutzen schöngerechnet

Wegen der zu optimistischen Fahrgastzahlen stimmt dann offenbar auch die Kosten-Nutzen-Rechnung nicht. Demnach sollten die Kosten pro Jahr bei 1,66 Millionen Euro liegen, der Nutzen war mit 2,15 Millionen Euro errechnet worden.

Tatsächlich steht jährlichen Kosten von 4,05 Millionen Euro lediglich ein Nutzen 1,43 Millionen Euro gegenüber. "Die Kosten inklusive Betrieb und Erhalt der Traunseetram übersteigen damit den Nutzen um das Dreifache. Das Verhältnis liegt mit 0,35 klar unter der erforderlichen Wirtschaftlichkeitsgrenze von 1,0", attestierten die staatlichen Tram-Prüfer. Damit reiht sich das Projekt in eine Reihe von Bahn- und Straßenprojekten ein, die aus finanzieller und verkehrswirtschaftlicher Sicht nie realisiert hätten werden dürfen.

Realistische Gesamtbetrachtung

Die oberste Empfehlung des Rechnungshofes daher: Bund, Land Oberösterreich und Stadtgemeinde Gmunden sollten bei Projekten im öffentlichen Verkehr "nur solche Wirtschaftlichkeitsuntersuchungen als Grundlage für Realisierungsentscheidungen heranziehen, die auf einer vollständigen – und regelmäßig aktualisierten – Gesamtbetrachtung des erwarteten Mitteleinsatzes sowie auf realistischen Fahrgastpotenzialen aufbauen".

Oberösterreichs Verkehrslandesrat Günther Steinkellner (FPÖ), der das Projekt 2015 geerbt hat, versuchte erst gar nicht, die Kritik zu entkräften. Die Straßenbahn sei da, jetzt gehe es darum, sie langfristig attraktiv zu machen. Auch Gmundens Bürgermeister Stefan Krapf (ÖVP) betonte, dass er damals noch nicht im Amt gewesen sei. Gmunden profitiere bis heute enorm von dem gesamten Bauprojekt, aber man müsse versuchen, mehr Fahrgäste in die Bahn zu bringen. (APA, red, 9.10.2020)