Dominik Nepp (links, FPÖ) und Heinz-Christian Strache (Mitte) hatten am Sonntag beide nichts zu lachen.

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Eines war schon vor dem Wahlsonntag sicher: Für das dritte Lager würde der 11. Oktober zu einer Katastrophe werden. Die große Frage war nur, in welchem Ausmaß. Jetzt ist klar: Ein schlimmeres Ergebnis wäre fast nicht möglich gewesen. Die FPÖ stürzt auf ein Viertel ihres Ergebnisses aus dem Jahr 2015 ab, ihr abgefallener einstiger Parteichef schafft es aller Voraussicht nach nicht in den Landtag. Während alle anderen Parteien klar dazugewinnen, sind FPÖ und Strache also die großen Verlierer der Wien-Wahl. Denn auch gemeinsam hätten sie nicht einmal die Hälfte des Rekordergebnisses von 2015 erzielt. Wie konnte es so weit kommen? De facto ist die FPÖ sehenden Auges ins Verderben des Stimmenverlustes gelaufen.

Nach der Ibiza- und, für die Stimmung fast noch entscheidender, der Spesenaffäre rund um Strache schaffte es die Partei lange nicht, sich neu aufzustellen. Und auch dann wirkte sie mehr wie der Wurmfortsatz der Ära Strache. Zwar entpuppte sich Spitzenkandidat Dominik Nepp im Wahlkampf als deutlich charismatischer denn intern befürchtet – laut einer ATV/Hajek-Umfrage war er auch wichtigster Wahlgrund für FPÖ-Wähler. Den Absturz verhindern konnte aber auch diese Performance nicht.

Die erste Reaktion Heinz-Christian Straches auf das Wahlergebnis
DER STANDARD

Rassismus war 2020 kein Zugpferd

Inhaltlich setzte es von der FPÖ den derbsten Rassismus seit Jahren – etwa auf Wahlplakaten, in denen der Stephansdom zur Moschee wird; oder in Wahlkampfreden, in denen Nepp fordert, "echte Wiener" sollten im Krankenhaus zuerst behandelt werden.

Beim Migrationsthema grub der FPÖ wohl der akzentuiert rechte Kurs von Gernot Blümel (ÖVP) das Wasser ab; und unter Corona-Skeptikern waren nicht ausreichend Prozentpunkte für ein gesichtswahrendes Ergebnis zu holen. In einer ersten Reaktion zeigten sich die freiheitlichen Politiker über die 7,7 Prozent (Stand 18:30 Uhr) gefasst. Nepp habe die Partei stabilisiert, sagte etwa der nicht amtsführende Stadtrat Maximilian Krauss (FPÖ). Zweites Wording: Es habe ja "zwei freiheitliche Parteien" gegeben, die im selben Wählerteich gefischt haben.

Für seinen Vorgänger Heinz-Christian Strache heißt es unterdessen zittern. Mit 3,6 Prozent bei Hochrechnungen am frühen Abend wäre der Einzug klar verpasst worden. Das kann sich durch Briefwähler noch ändern, allerdings wählen diese politisch eher links oder liberal. Es sieht also so aus, als wäre Strache erstmals in seiner langen Karriere auch vom Wähler eine Abfuhr erteilt worden – nachdem er die FPÖ bei den Wahlen zuvor in Wien zum besten und im 2017 im Bund zum zweitbesten Ergebnis ihrer Geschichte geführt hatte. War es das also mit Strache in der Politik? "Von Umfragen bin ich nie enttäuscht, es zählt immer nur das Endergebnis", gab sich Strache weiter optimistisch. Die Stimmung im Team Strache war jedenfalls getrübt. Die vorbereitete Torte, die einen jubelnden Strache zeigt, wurde jedenfalls vorerst einmal nicht angeschnitten. (Fabian Schmid, 11.10.2020)