Wahrzeichen Simmerings: Hinter den schicken Gasometern ragen viele Schlote empor.

Foto: Robert Newald

Das blaue Intermezzo währte nicht lange. Nur fünf Jahre lang durfte Paul Stadler Bezirksvorsteher in Simmering bleiben, da fiel der "elfte Hieb" wieder an die SPÖ. Der leutselige Stadler darf sich damit trösten, dass es wohl nicht an ihm gelegen hat, denn trotz Niederlage zeigen die Zahlen durchaus einen gewissen Amtsbonus. Im Vergleich zu den 27,5 Prozent, die Blau auf Ebene der Gemeinderatswahl in Simmering verlor, macht sich das Bezirksminus von 14,6 Prozent geradezu moderat aus.

Allerdings war Stadler vor fünf Jahren auch nicht unbedingt dafür verantwortlich, dass die FPÖ hier ihren Premierenerfolg feierte. In sämtlichen großen Flächenbezirken hatten die Freiheitlichen dem Platzhirsch SPÖ kräftig zugesetzt. Der Ausländeranteil ist in Simmering zwar niedriger als etwa in Ottakring oder Rudolfsheim-Fünfhaus, doch während in den Bezirken westlich des Gürtels ein gewisses Multikulti-Flair auch Aufbruchsstimmung vermittelt, machten sich die Zukunftsperspektiven am Südostrand trister aus. Dass hier der erste Dominostein fiel, schien atmosphärisch fast schon aufgelegt. Müllverbrennungsanlage, Tierkörperverwertung, Krematorium, Zentralfriedhof: Der Bezirk beherbergt vieles, womit sich eine Stadt nicht schmückt.

Nun fällt Simmering wieder an die SPÖ, die in die Rückeroberung investiert hat. Neben dem 47-jährigen Thomas Steinhart, der nun das Amt des Bezirksvorstehers übernimmt, warf sich auch Ex-Arbeiterkammerpräsident Rudolf Kaske in die Schlacht. Garant für den roten Sieg war aber ein anderer: Ohne Heinz-Christian Straches Ibiza-Affäre und die folgende FPÖ-Spaltung wäre der überlegene SPÖ-Sieg – rund 42 zu 27 Prozent – nicht erklärbar. (Gerald John, 12.10.2020)