Die provokante Frage zum Einstieg in die Videodebatte "STANDARD mitreden" kommt diesmal vom User "Memory Dragon": Hätte man bei der Wahl als ÖVP nicht auch einen "Stein hinstellen und mit ausländerfeindlichen Sprüchen beschmieren können" und wäre dabei ähnlich erfolgreich gewesen wie die Konservativen diesmal in Wien? Die ÖVP kupfere das Programm der Freiheitlichen doch bloß ab und hole sich damit die Stimmen aus dem rechten Lager, so der User.

Das sei etwas dran, sagt die Populismusforscherin Natascha Strobl. Die ÖVP übernehme die Positionen der Freiheitlichen, zum Teil sogar deren Grenzüberschreitungen im politischen Diskurs, aber in einer "glatteren, schöneren Version". Damit werde es sie den Freiheitlichen vielleicht sogar dauerhaft schwer machen, wieder bei Wahlen erfolgreich zu sein. "Die Frage ist, ob damit der Rassismus besiegt ist, oder ob er nur neu verpackt wird", so Strobl.

Mit der SPÖ-nahen Expertin diskutierten über den Wahlausgang die ÖVP-nahe Kommunikationsberaterin Heidi Glück und die Politikwissenschafterin Kathrin Stainer-Hämmerle.

Grüner Wahlkampf inhaltsleer?

Stainer-Hämmerle nannte die große Überraschung des Wahlabends die Neos: Bis vor kurzem seien sie noch belächelt worden als Partei mit einem kaum bekannten Spitzenkandidaten, dennoch konnten sie zulegen. Heidi Glück attestierte: Die ÖVP hätte noch deutlich erfolgreicher sein können, wenn sie mehr bürgerlich-liberale Wähler angesprochen und nicht vor allem enttäuschten FPÖ-Wählern ein Angebot gemacht hätte.

Unterschiedlich bewertet wurde der Wahlkampf: Natascha Strobl sagte, inhaltliche Themen wie Verkehrs- und Corona-Politik oder auch Klimaschutz seien ausreichend diskutiert worden. Glück widersprach, nannte den Wahlkampf wenig inhaltlich, vor allem in den TV-Debatten. Stainer-Hämmerle stimmte ihr zu, kritisierte hier vor allem Medien, die sich oft mehr für Nach-Wahl-Koalitionsspiele denn für echte Inhalte interessieren würden.

Warum Stainer-Hämmerle sagt, dass der Wahlkampf der Grünen besonders am Ende "flach" war und der Rechtskurs der ÖVP an der Person Sebastian Kurz hänge, und ob die SPÖ nun auch bundespolitisch wieder durchstarten kann: Die Antworten dazu gibt's im Video. Ebenfalls zu sehen: Strobls Einschätzung, ob das nun ein echter Linksruck in Wien war. Sie bewertet auch die Politik der Grünen in der Koalition mit der ÖVP. Plus: Heidi Glück erklärt, warum für sie eine Koalition der SPÖ mit der ÖVP in Wien wenig realistisch ist. (red, 12.10.2020)