In verschiedenen Sujets wird auf Formen von Gewalt hingewiesen, die auf den ersten Blick vielleicht gar nicht danach aussehen.

Foto: Screenshot Kampagne Gesichter der Gewalt

Graz – Das steirische Sozialressort sowie die Frauenhäuser starteten mit Samstag eine Kampagne unter dem Titel "Gesichter der Gewalt". "Gewalt ist niemals privat", sagten Soziallandesrätin Doris Kampus (SPÖ) und Frauenhäuser-Chefin Michael Gosch bei der Präsentation am Donnerstag. Diese beginne schon niederschwellig, es müsse nicht das berüchtigte "blaue Auge" sein, oft manifestiere sich das beim Kontrollieren des Handys und dem Verbieten des Umgangs mit Freunden.

Kampus hob hervor, dass die Steiermark das einzige Bundesland sei, das Frauen rechtlichen Anspruch auf Schutz vor Gewalt ermöglicht. "Ich kann sagen, alle wünschen sich eine gewaltfreie Steiermark. Aber wir müssen immer hinschauen, auch wenn es hässliche Fratzen der Gewalt sind, wir müssen wachrütteln und sensibilisieren", sagte die Landesrätin. Gewalt komme in den besten steirischen Familien vor und sie zeige sich zum größten Teil gegen Frauen und Kinder. Das gehe durch alle Schichten, unabhängig von Bildung wie Herkunft.

Unsichtbare Verletzungen

Gewalt beginne weit vor der eigentlichen, körperlichen Tat, sagte Kampus. Deshalb würden verschiedene Plakat-Sujets in 24-Bogen-Plakaten an 70 Standorten im ganzen Land affichiert. Dabei gehe es darum, die Frauen im Land zu erreichen. Zusätzlich gebe es eine eigene Website und einen Social Media-Auftritt über die Facebook-Seite der Frauenhäuser, sagte Kampus. Pro Jahr sind im Landesbudget 6,5 Millionen Euro für Gewaltschutz vorgesehen. "Und es wird nächstes Jahr nicht gekürzt", versicherte die Landesrätin. Die Slogans lauten etwa "Dein Partner verbietet dir deine Freunde zu treffen" oder "Dein Partner kontrolliert, wofür du dein Geld ausgibst".

Gosch sagte, es sei nicht einfach gewesen, die Plakate zu konzipieren. "Wir wollten nicht Bilder mit blauem Auge und Blut von der Lippe zeigen, da schaut man weg. Verletzungen sind oft nicht sichtbar, das wissen wir leider, die Täter wissen, wo sie hinschlagen müssen, dass man die Folgen nicht sieht." Es müsse auch jene Gewalt sichtbar gemacht werden, die bisweilen selbst von den Betroffenen gar nicht als solche wahrgenommen werde.

Sich einmischen

"Oft handelt es sich um ökonomische, sexuelle, psychische oder soziale Gewalt", sagte Gosch. Das beginne damit, dass eine Frau kein eigenes Konto habe "dürfe" und gefragt werde, wofür sie Geld ausgegeben habe. Ökonomische Ungleichheit sei die mögliche Basis von Beziehungsgewalt, ist sich Gosch sicher. "Im Grazer Frauenhaus haben wir derzeit vier 18-Jährige und heute Vormittag haben wir eine 83-Jährige aufgenommen." Gosch forderte die Bevölkerung auf, sich bei Anzeichen von Gewalt einzumischen und Zivilcourage zu zeigen: "Lieber einmal zu viel die Polizei rufen." Und: "Ab dem Zeitpunkt, da ich mich gegenüber meinem Partner verstellen muss, sollte ich eine Beratung aufsuchen."

Das Grazer Frauenhaus ist derzeit zu mehr als 100 Prozent ausgelastet, 46 Frauen und 22 Kinder würden sich hier aufhalten. (APA, 12.10.2020)