Anne Weber setzt einer "Heldin" ein Denkmal.

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Frankfurt am Main – Der deutschen Autorin Anne Weber wurde am Montagabend in Frankfurt der diesjährige Deutschen Buchpreis für ihr Buch Annette, ein Heldinnenepos (Matthes & Seitz) zugesprochen. Weber erzählt darin vom Leben der inzwischen 96-jährigen Französin Annette Beaumanoir, die im Zweiten Weltkrieg in Paris in der Resistance gekämpft und zwei Kindern das Leben gerettet hat. Im Algerienkrieg engagierte sie sich wieder, nun auf der Seite der algerischen Unabhängigkeitsbewegung. Beaumanoir wurde verhaftet, konnte aber fliehen. In den Jahren dazwischen studierte sie Medizin, was bei Weber so klingt: "Halbherzig / fängt sie in Rennes ein Studium an, und zwar / der Medizin, während sie ganzherzig von einem / Schicksal träumt, von Opfern und von Heldentaten."

"Mein Verdienst ist es wahrscheinlich, dieser Geschichte einen Rhythmus gegeben zu haben, einen besonderen Blick darauf geworfen zu haben", sagte Weber in ihrer Dankesrede. Die siebenköpfige Jury, die die Siegerin aus 187 eingereichten Titeln kürte, lobte die "Geschichte voller Härten, die Weber aber mit souveräner Dezenz und feiner Ironie erzählt. Dabei geht es um nichts weniger als die deutsch-französische Geschichte als eine der Grundlagen unseres heutigen Europas".

Antike Form reaktiviert

Die 55-jährige Autorin und Übersetzerin, die aus der Nähe von Franfurt stammt und seit 1983 in Frankreich lebt, ist Beaumanoir vor einigen Jahren zum ersten Mal begegnet. Ein gewöhnlicher Roman schien ihr für deren Lebensgeschichte unangemessen, woraufhin sie die Form des antiken Heldenepos reaktivierte. Damit setzte Weber sich nun gegen die weiteren Kandidaten Bov Bjerg (Serpentinen), Thomas Hettche (Herzfaden), Deniz Ohde (Streulicht), Dorothee Elmiger (Aus der Zuckerfabrik) und Christine Wunnicke (Die Dame mit der bemalten Hand) durch. Heuer hatten es keine Österreicher auf die Shortlist geschafft.

Der Deutsche Buchpreis ist mit 25.000 Euro dotiert und wird seit 2005 vom Börsenverein des Deutschen Buchhandels für den deutschsprachigen "Roman des Jahres" vergeben. Er wird traditionell am Vorabend der Frankfurter buchmesse vergeben, die heuer wegen der Corona-Pandemie ohne Hallenpräsenz der Aussteller als Online-Event stattfindet. (wurm, 12.10.2020)