Die Neos ziehen in den Bundesrat ein, den sie eigentlich abschaffen wollen.

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Als "zahnlose Stubentiger" hatte Neos-Vizeklubobmann Niki Scherak noch vor zweieinhalb Jahren die 61 Bundesräte bezeichnet. Nach der erfolgreichen Wien-Wahl darf die Partei nun allerdings selbst einen dieser zahnlosen Stubentiger stellen, auch wenn man die Länderkammer an sich abschaffen möchte.

"Wir werden das Mandat auf jeden Fall annehmen", hieß es am Dienstag vonseiten der Neos. Dazu wird nun ein Bewerbungsprozess durchgeführt, bis Sonntag können Interessierte einreichen. Dann entscheiden Landesvorstand und Mitgliederversammlung. Öffentlich Lust auf den Bundesrat hat bislang nur Karl Arlamovsky, Rechtsberater der Neos, bekundet.

Zwei Mandate hinzugewonnen hat wohl die ÖVP Wien. Logischer Kandidat für den Bundesrat wäre Harald Himmer, der bereits von 1995 bis 2015 in der Kammer vertreten war. Verhindern könnte seine Nominierung allerdings eine Anklage der Staatsanwaltschaft Wien wegen Untreue, die gerade vom Oberlandesgericht Wien geprüft wird – es gilt die Unschuldsvermutung. Die ÖVP Wien verwies darauf, dass ihre Gremien erst nächste Woche tagen.

Die FPÖ verliert wohl drei Mandate

Drei Bundesräte verlieren wird die FPÖ. Sie hat derzeit vier von zwölf Wiener Bundesräten. Wer bleibt, wird erst nach dem endgültigen Wahlergebnis entschieden, hieß es auf Anfrage. Bei den Grünen würde gerne Marco Schreuder sein Mandat behalten, darüber wird die Landesversammlung entscheiden – die Chancen stehen aber gut. Die SPÖ bleibt ebenfalls stabil bei sechs Mandaten.

An den Kräfteverhältnissen im Bundesrat ändert sich de facto nur wenig. Weiterhin stellen die Oppositionsparteien die Mehrheit der Mitglieder, nämlich 32. Türkis-Grün verfügt über 29 Bundesräte. SPÖ und FPÖ können wie bisher im Nationalrat beschlossene Gesetze verzögern. Neu ist, dass SPÖ und Neos mit gemeinsam 21 Sitzen ein Drittel der Bundesräte stellen. Damit können sie auch ohne FPÖ eine Sperrminorität bilden und bestimmte Verfassungsgesetze, die etwa Länderkompetenzen berühren, verhindern. (Fabian Schmid, 13.10.2020)