Die Freitage waren gefährlich. Da konnte es sein, dass uns der Opa von der Schule abholte. In einem B-Kadett. Und der war auch noch eierschalenfadgrau. Das biederste Auto, das man Anfang der 1980er-Jahre um Geld kaufen konnte. Kein anderer Wagen hat lauter "Opa!" geschrien. Nur der Opa hat "Narrischer Goaßbock!" geschrien, weil der Kadett beim Losfahren immer so ruckelte. Vermutlich lag es nicht am Opel. Nichts lag am Opel.

Ein B-Kadett, wie ihn der Opa hatte. Ein Musterstück an Biederkeit. Damals. Heute auch noch.
Foto: Wikipedia

Meine Eltern waren kuhl und arbeiteten damals bei einem Ford-Händler. Wir fuhren Escort. Später Taunus. Und in meiner kleinen Welt war das komplette Gegenteil davon der Kadett. Versöhnen sollte ich mich mit dem Auto erst viele, viele Jahre später, als ein Freund mit einem C-Kadett in der Drift-Staatsmeisterschaft antrat und alle anderen in Grund und Boden fuhr. Kein Ruckeln beim Losfahren. Immer schön quer. Babyblau und natürlich ein bisserl hergerichtet war der Kadett, der alle deklassierte.

Martin Simon in seinem C-Kadett am Wachauring.
Foto: Guido Gluschitsch

Auch mich, der ich damals mit einem Taunus an den Start ging. Gekauft habe ich den in einer sentimentalen Erinnerung an die Kinderhutschn meiner Eltern. Nur hab ich zum Facelift-Modell gegriffen – und nicht zum lahmen Vierzylinder mit 70 PS, sondern zum 2,3 Liter großen Sechszylinder, der nicht weniger lahmen sollte.

Ein Ford Taunus, fast so, wie ihn seinerzeit mein Vater hatte. Bei seinem letzten Rennen sollte der Wagen in einer Betonbegrenzung landen. Aber nix passiert. Das Rostproblem ist heute schlimmer.
Foto: Wolf-Dieter Grabner

Ja, ich hab' mir echt die Kiste gekauft, mit der wir in meiner Kindheit unterwegs waren. Warum auch nicht. So ein Oldie, der damals gerade einmal Mittelklasse war, kostet heute nicht die Welt. Ein Urlaub gestrichen, und die Marie war schon beinand. Es finden sich immer wieder ein paar gut erhaltene Alltagsautos, die sich damals irgendwer mit der Abfindung gekauft hat. War er der erste Neuwagen, dann wurde die Kraxen nicht selten wie ein Schatz behütete, weshalb man auch noch Autos in erstaunlich gutem Zustand mit wenig Kilometern findet.

Solche ehemaligen Alltagsautos kann man relativ günstig kaufen. Dann sollte man sich aber nicht scheuen, selbst Hand anzulegen. Und notfalls aus zwei Autos eines machen.
Foto: Guido Gluschitsch

Ein alter 911er, ein Lamborghini aus den 1970er-Jahren oder ein sportlicher Stern, so ein Auto kostet Unsummen. Einen Kadett oder Taunus kriegst du heute um ein paar Tausender, gar um ein paar Hunderter, wenn du geschickte Hände, ein Schweißgerät und die Geduld einer Kindergärtnerin hast. Beim Escort, dem Hundeknochen, schaut es da schon ein bisserl anders aus. Die sind rar, meist in schlechtem Zustand und noch dazu teuer. Von dem werde ich weiter träumen, bis die Katzen endlich Geld verdienen und Miete zahlen.

Wer nicht ganz ungeschickt ist, teilt auch die Frau Gemahl zum Arbeiten ein.
Foto: Guido Gluschitsch

Wovon träumen Sie, wenn Sie an die Autos Ihrer Kindheit denken?

Welche Wagln haben Sie gehasst, welche geliebt? Welchen würden Sie heute gerne wieder einmal fahren? Oder haben Sie gar auch so einen Autoklescher, dass Sie sich einen solchen zugelegt oder derhalten haben?

Dieser Kadett verbrachte auch mehrere Monate in der Werkstatt, bevor er auf die Rennstrecke konnte.
Foto: Guido Gluschitsch

Welche sind Ihre schönsten Erinnerung, welche die schlimmsten? Waren Sie bei den Ersten dabei, die die stinkerten Wunderbäume im Auto ertragen mussten? Vielleicht sogar in der Form einer Nackerten? Oder durfte Ihnen noch vom Duft von Sprit, Öl und Abgasen, die durch alle Ritzen ins Auto drangen, schlecht werden. Lassen Sie mich und uns ein wenig an Ihrer Kindheit teilhaben. Dann erzähl' ich Ihnen auch nicht von der Dean-Martin-Kassette, der einzigen, die es im Taunus gab, und die mich in den Wahnsinn trieb. Versprochen. (Guido Gluschitsch, 16.10.2020)