Auch bei der Arbeit in Unternehmen oder Forschungseinrichtungen können Patente relevant sein.

Als Normalbürgerin muss man sich im Alltag meist wenig um Patente kümmern – auch wenn man vieles in die Hand nimmt, was durch patentierte Verfahren hergestellt wurde. Weshalb ist es lohnenswert, sich mit diesem komplexen Themenbereich zu beschäftigen, den zu verstehen einiges an Konzentration und, vor allem bei Details, ein spezielles Wissen erfordert?

Zunächst, weil ein gesellschaftlicher Diskurs zukünftige Entwicklungen prägen kann. Dies war etwa bei Biopatenten der Fall, also bei Patenten auf biotechnologische Verfahren und Produkte. "Solche Patente wurden vom europäischen Patentamt bereits erteilt", sagt Mariana Karepova, Präsidentin des Österreichischen Patentamts, das im Gegensatz zum europäischen Pendant bei diesem Thema wesentlich zurückhaltender verfährt.

Doch es regte sich Widerspruch in Europa, vor allem vonseiten verschiedener Nichtregierungsorganisationen (NGOs): "Die Politik ist aufgerüttelt worden. In Österreich wurde das Gesetz verändert, damit Tier- und Pflanzenzüchtungen nicht patentierbar sind. Seit fünf Jahren präzisiert die Europäische Kommission ihre Biopatent-Richtlinien. Im Mai kam hier eine große richtungsweisende Entscheidung", sagt Karepova. Darin bestimmte die höchste Instanz, die Große Beschwerdekammer des europäischen Patentamts, dass Patente nicht auf konventionell gezüchtete Pflanzen und Tiere anwendbar sind.

Überhang von Großkonzernen

Aber auch bei der Arbeit in Unternehmen oder Forschungseinrichtungen können Patente relevant sein. Im vergangenen Jahr wurden an Ämtern weltweit so viele Patente von österreichischen Betreibern und Betreiberinnen angemeldet wie noch nie, rund 12.000.

Jedoch befassen sich vor allem große Firmen damit, die sich eigene Patentabteilungen leisten können. Kleinen und mittleren Unternehmen (KMU) sowie den Hochschulen, die seit 2002 Patente innehaben können, fehlt es teils an Mitteln und Wissen.

Dieses Verhältnis bietet Grund zur Beunruhigung, sagt Knut Blind, Professor für Innovationsökonomie an der Technischen Universität Berlin. In seiner Keynote zu einer Club- Research-Diskussion über die Rolle von Patenten für Innovation lieferte er vergangene Woche Statistiken aus seiner Forschung: "90 Prozent der Unternehmen nutzen keine Patente." Die Tendenz, dass vor allem Großbetriebe Patente anmelden, habe zumindest in Deutschland in den letzten Jahren noch zugenommen.

Nationale Interessen

Daher nütze das ganze System kaum Firmen kleiner und mittlerer Größe. "KMU sind aus dem Spiel ausgestiegen, weil die Kosten des Patentierungsprozesses trotz Unterstützungsmaßnahmen hoch sind. Und vor allem wenn sie global unterwegs sind, ist es schwierig, mögliche Verletzungen ihrer Patentrechte beispielsweise in Asien zu belangen", sagt Blind.

In manchen Ländern sei es überhaupt schwieriger, Patente anzumelden: "Das Patentsystem wird in Asien und den USA teilweise missbraucht, um nationale Interessen in den Vordergrund zu stellen." Es gebe Hinweise darauf, dass ausländische Anmeldungen durch verzögerte Prozesse benachteiligt werden und eher negative Bescheide erhalten. Dies spricht auch gegen die Möglichkeit, ein globalisiertes Patentsystem praktisch umzusetzen.

Im wissenschaftlichen Bereich sind Patente oft wenig relevant. Als Erfolgskennzahlen stehen sie hinter den Veröffentlichungen in renommierten Fachzeitschriften. Sie sind allerdings praktisch, um Industriepartner zu gewinnen, was wiederum Forschungsprojekte mit sich ziehen kann.

Patente in Pandemiezeiten

Gerade in Pandemiezeiten stellt sich die Frage, wie Patente auf Impfstoffe geregelt sein sollten. Bei entsprechendem Interesse der Allgemeinheit wäre es etwa in Österreich möglich, Zwangslizenzen für Patente zu erteilen. Nur: Echte Präzedenzfälle gibt es hierfür nicht.

Und weshalb sollen Stoffe von Firmen patentiert werden, wenn die Erforschung durch öffentliche Gelder finanziert wurde? Eine berechtigte Frage, findet Patentamtsleiterin Karepova: "Im angewandten Bereich ist es aber selten der Fall, dass der Staat eine Forschung zu hundert Prozent finanziert und damit die Ergebnisse allen gehören sollen." Übernimmt ein Unternehmen einen Anteil der Kosten, wird die Frage schwieriger zu beantworten.

KI als Erfinderin?

Spannend dürfte auch die weitere Entwicklung der Rechtslage in Bezug auf künstliche Intelligenz werden, wie Dietmar Lampert vom gemeinnützigen Zentrum für Soziale Innovation (ZSI) ausführt: "Momentan sind wir auf dem Stand, dass künstliche Intelligenz gewisse Dinge versteht und uns bei der Arbeit unterstützt, besonders wenn es um große Datenmengen geht. Doch was passiert, wenn eine KI selbst Lösungen generiert oder Dinge erfindet, die es vorher noch nicht gegeben hat?"

Soll eine künstliche Intelligenz Erfinderin sein dürfen? Sowohl das europäische als auch das US-Patentamt haben zuletzt entschieden, dass das nicht möglich ist, weil es sich um keine natürliche Person handelt. Womöglich kommt in Zukunft aber eine starke KI auf uns zu, die diese Urteile infrage stellt. (Julia Sica, 16.10.2020)