Ö3-Programm bestehe zu 88 Prozent aus Unterhaltung und zu 12 Prozent aus Information, argumentierten die Privatsender vor der Medienbehörde und nun dem Bundesverwaltungsgericht.

Foto: Ö3 Logo

Wien – Vor kurzen hat das Bundesverwaltungsgericht seine Entscheidung zu einer Beschwerde der Privatradiosender aus dem Jahr 2013 veröffentlicht. Die Beschwerdeführer brachten damals vor, dass der ORF im maßgeblichen Zeitraum seinen Programmauftrag durch einen zu geringen Wortanteil im Radioprogramm Ö3 und insgesamt durch eine unausgewogene, zu stark unterhaltungslastige Radioprogrammgestaltung verletzt habe.

Das Gericht hat kein unangemessenes Verhältnis der Programmkategorien im ORF-Radioprogramm und somit keinen Gesetzesverstoß festgestellt. Die Privatsender sehen die Entscheidung von Ende September als Bestätigung, dass der Programmauftrag des ORF nicht klar genug definiert ist und dass die gesetzlichen Vorgaben zur Ausgewogenheit des ORF-Radioprogramms unwirksam sind. Sie sehen die Medienpolitik gefordert, den Programmauftrag neu zu definieren. Der ORF indes sieht seine Radioprogrammierung mit der Entscheidung "zum zweiten Mal vollinhaltlich" bestätigt.

88 Prozent Unterhaltung

Die Medienbehörde* stellte im Verfahren fest, dass Unterhaltung 57 Prozent des ORF-Hörfunkangebots in Musterwochen 2012 ausmachte. Informations‐, Kultur‐ und Sportinhalte kamen damit zusammen auf deutlich weniger als die Hälfte der gesamten Sendezeit aller ORF‐Radioprogramme. Das Programm von Ö3 habe im Betrachtungszeitraum zu rund 87,4 Prozent aus Unterhaltung und zu zwölf Prozent aus Information bestanden.

"Die kürzlich ergangene Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichts zum ORF‐ Radioprogramm macht deutlich, dass der öffentlich‐rechtliche Programmauftrag lückenhaft, wenn nicht gar irrelevant ist", so der Privatsenderverband VÖP.

Private sehen Medienpolitik gefordert

Das ORF‐Gesetz lasse "dem ORF tatsächlich jede erdenkliche Freiheit in der Programmgestaltung. Ansprüche auf Angemessenheit, Ausgewogenheit und Unverwechselbarkeit der ORF‐Programme mit kommerziellen Programmen sind leere Worthülsen, die sich einer wirksamen gerichtlichen Kontrolle entziehen. Der öffentlich‐rechtliche Programmauftrag ist nicht überprüfbar".

Der Ball liege nun bei den medienpolitischen Entscheidungsträgern, erklärt VÖP-Geschäftsführerin Corinna Drumm: "Sie haben dafür zu sorgen, dass die Verwendung der ORF‐Programmentgelte endlich an eine nachprüfbare Programmstruktur gebunden wird, so wie das in vielen EU‐Mitgliedstaaten schon lange der Fall ist, und dass jedes einzelne ORF‐Programm dem öffentlich‐rechtlichen Programmauftrag genügen muss."

Nach bisheriger Rechtsprechung der Höchstgerichte zum Fernsehen müssen alle Programme zusammen den Programmauftrag erfüllen.

Update: ORF: Private "zum zweiten Mal vollinhaltlich abgewiesen"

Der ORF kommentiert die Schlüsse der Privatsender so: "Das Bundesverwaltungsgericht hat mit dem vorliegenden Erkenntnis die Beschwerde des VÖP bereits zum zweiten Mal vollinhaltlich abgewiesen. Damit steht erneut rechtskräftig fest, dass der ORF im angesprochenen Zeitraum 2013 die gesetzlichen Vorgaben vollinhaltlich erfüllt und ein differenziertes und ausgewogenes Gesamtprogramm gesendet hat."

Das Gericht sei "den Privatauswertungen des VÖP nicht gefolgt", betont der ORF und zitiert aus der jüngsten Entscheidung des Bundesverwaltungsgerichtes: "Bei diesem Ergebnis vermag das Bundesverwaltungsgericht auch keine unausgewogene Berücksichtigung der Vielfalt der Interessen aller Hörer im gesamten Hörfunk des ORF zu erkennen. Denn diese muss ebenso über das gesamte Hörfunkprogramm abgedeckt und nicht in jedem Sender einzeln verwirklicht werden, würde dies doch im Gegenteil die Vielfalt beschränken, wenn von allen Hörfunksendern alle Kategorien im gleichen Verhältnis bedient würden."

(red, 13.10.2020)