Die Pandemie sorgt in Prag für eine fast leere Karlsbrücke.

Foto: EPA / Martin Divisek

Prag/Paris/Rom – Die Covid-19-Pandemie scheint sich in Tschechien derzeit schneller auszubreiten als ihr Schatten: Die ständig weiter verschärften Maßnahmen zu ihrer Bekämpfung hinken seit Wochen dem Anstieg der Infektionszahlen hinterher. Erst am Montag waren neue Regeln in Kraft getreten; am Abend desselben Tages wurden bereits die nächsten Beschränkungen verkündet, die ab Mittwoch gelten.

So dürfen sich nun nur noch maximal sechs Personen versammeln, ausgenommen sind Zusammenkünfte im Familienkreis und am Arbeitsplatz. Alle Schulen werden für den Präsenzunterricht gesperrt und müssen auf Distanzunterricht umschwenken – also auch die ersten Stufen der Grundschulen, die bisher davon noch verschont waren.

Restaurants, Bars und Clubs werden geschlossen. Nachdem die Sperrstunde Mitte September auf Mitternacht angesetzt und in weiterer Folge auf 22 Uhr und dann auf 20 Uhr vorverlegt wurde, ist ab Mittwoch nur noch Take-away-Betrieb möglich. Auf öffentlichen Plätzen gilt Alkoholverbot. Maskenpflicht besteht jetzt auch an Haltestellen im Freien.

Die meisten der Maßnahmen sollen zunächst für drei Wochen gelten, also bis 3. November. Spätestens dann wird erneut evaluiert. Tschechien weist mit 493 Neuinfektionen pro 100.000 Einwohner während der vergangenen 14 Tage die EU-weit schlechtesten Zahlen auf.

Zu rasche Lockerung?

Kritiker von Premier Andrej Babiš bemängeln, dass die Regierung nach den Erfolgen im Frühjahr zu rasch Lockerungen vollzogen habe – auch um im Vorfeld der kürzlich geschlagenen Regionalwahlen unpopuläre Maßnahmen zu vermeiden.

So wie Tschechien steht auch Frankreich vor erneuten Verschärfungen der Sicherheits- und Vorbeugemaßnahmen. "Alles ist vorstellbar, nichts ist ausgeschlossen", kommentierte in kryptischer Weise Marlène Schiappa, beigeordnete Ministerin im Innenministerium, Gerüchte über eine drohende abendliche Ausgangssperre im Land; zu wenige Menschen hielten sich an die bestehenden Maßnahmen, eine Verschärfung könnte nötig werden, um die nötigen Effekte zu erzielen. Auch in den Niederlanden ist mit ähnlichen Maßnahmen zu rechnen.

Ministerpräsident Giuseppe Conte dementiert nach wie vor Pläne für einen großflächigen Lockdown in Italien: Das Gesundheitswesen des Landes sei heute viel besser als im vergangenen Winter und Frühjahr ausgestattet und vorbereitet.

Durchaus kontrovers wird aber in Italien über das Schulwesen debattiert, nein: gestritten. Eine neuerliche Schließung der Schulen für Oberstufen-Jahrgänge komme nicht infrage, kommentierte Unterrichtsministerin Lucia Azzolina entsprechende Forderungen mancher Gouverneure betroffener Regionen. Conte macht ihr die Mauer – zumindest für den Moment. Aber wie in anderen Ländern auch: Alles ist im Fluss. (schub, gian, 13.10.2020)