Bürgermeister Michael Ludwig will am Freitag nach den Gremiensitzungen der Wiener SPÖ bekanntgeben, wann mit welchen Parteien die ersten Gespräche geführt werden. Die besten Chancen auf eine Koalition werden den Neos mit Christoph Wiederkehr und den Grünen mit Birgit Hebein eingeräumt.

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Das vorläufige ziffernmäßige Ergebnis der Wien-Wahl mit Briefwahlstimmen wurde am Dienstag knapp vor Mitternacht veröffentlicht. Demnach kommt die SPÖ auf 41,62 Prozent, die ÖVP auf 20,43, die Grünen auf 14,80, die Neos auf 7,47, die FPÖ auf 7,11, Strache auf 3,27, Links auf 2,06, Bier auf 1,8, SÖZ auf 1,2.

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In Mandaten bedeutet das: SPÖ 46, ÖVP 22, Grüne 16, FPÖ 8, Neos 8.

Im Vergleich zur Hochrechnung vom Wahlabend verlor die SPÖ noch leicht, die ÖVP schaffte es hingegen noch über 20, die Grünen erreichten mehr als hochgerechnet und damit knapp ihr historisch bestes Wien-Ergebnis, die Neos bleiben vor der FPÖ.

Das vorläufige Ergebnis der Bezirksvertretungswahlen sieht nun so aus:

Das tatsächliche vorläufige Endergebnis der Wahl wird für Mittwochnachmittag erwartet. Ausständig ist nur noch eine Zählung der Vorzugsstimmen in der Donaustadt. Amtlich wird das Endergebnis am 20. Oktober mit der Sitzung der Stadtwahlbehörde.

Parteiengespräche ab Montag

Die SPÖ hat nach dem ausgezählten Endergebnis ein Mandat verloren und Anspruch auf 46 Sitze im Gemeinderat. Abgesicherte Mehrheiten für die neue Koalition sind für die SPÖ weiterhin sowohl mit den Grünen als auch mit der ÖVP und den Neos möglich.

Die SPÖ mit Stadtchef Ludwig wird am Freitag in den Parteigremien den Fahrplan zu den Sondierungsgesprächen mit den anderen Parteien festlegen. Sie werden am Montag starten. Neben dem Bürgermeister werden zwei weitere hochrangige rote Vertreter beim ersten Abtasten in kleiner Runde dabei sein. Wer den Stadtchef begleiten wird, wurde noch nicht verraten. Vonseiten der Partei dürfte aber Landesgeschäftsführerin Barbara Novak, eine Vertraute Ludwigs, gute Karten haben. Die Parteimanagerin wird auch als mögliches neues Gesicht in der Stadtregierung gehandelt. Erst nach dem Austausch mit allen im Gemeinderat vertretenen Fraktionen werden Koalitionsgespräche mit einer Partei aufgenommen – mit Beginn um den Nationalfeiertag am 26. Oktober. "Parallelverhandlungen sind nicht angedacht", hieß es aus der SPÖ.

Einige Rote wollen Partnerwechsel

Immer mehr kristallisiert sich heraus, dass die Neos dabei alles andere als Außenseiterchancen haben. Der Unmut roter Spitzenvertreter in den großen Flächenbezirken über den bisherigen grünen Juniorpartner ist unüberhörbar. Und in diesen Bezirken hat die SPÖ bei der Wahl zugelegt. Für Donaustadts Bezirkschef Ernst Nevrivy ist es etwa "besser für Wien und die Donaustadt", wenn die Grünen nicht mehr die Verkehrsagenden führen. Nevrivy führte die bisher gute Zusammenarbeit mit der ÖVP und den Neos ins Treffen. Die innerstädtischen Bezirke innerhalb des Gürtels, wo es tendenziell besser mit den Grünen läuft, schnitten nicht so gut ab.

Ein Pakt mit den Neos wäre hingegen auch ein Wagnis für Ludwig. Allerdings haben die Neos im Wahlkampf keine großen Hürden aufgebaut, meint ein roter Funktionär. Mit den Grünen freilich gebe es die meisten Überschneidungen – auch wenn der Krach bei Verkehrsthemen wie der verkehrsberuhigten City zuletzt virulent war. Die Variante mit der ÖVP von Sebastian Kurz und Gernot Blümel, die sich in Wien mehr als verdoppelt hat und auf Platz zwei kam, ist eher unrealistisch. Ludwigs Vertrauter, der Wirtschaftskammer-Chef Walter Ruck, wird – so wie es derzeit aussieht – nicht in die erste politische Reihe wechseln. Und ein Gespann Ludwig/Blümel ist nicht vorstellbar.

ÖVP und Grüne hätten zwei Stadtratsposten

In der vergangenen Legislaturperiode wurde die Anzahl der Stadträte auf zwölf festgelegt. Möglich sind zwischen neun und 15. Bleibt es bei zwölf, könnten sowohl ÖVP als auch Grüne Anspruch auf zwei Stadtratsposten haben. Neos und FPÖ hätten einen, die SPÖ sechs. Ein Pakt mit den Neos hätte für die Roten den Vorteil, dass es dann nur einen amtsführenden Stadtrat gibt, der nicht von der SPÖ kommt. Neos-Spitzenkandidat Christoph Wiederkehr sagte, dass er bereit für eine "Reformkoalition" wäre. Man warte auf die Gesprächseinladung Ludwigs. Bildung, Arbeitsmarkt, Klimaschutz und Transparenz seien für die Neos die Kernthemen. Auf den möglichen Posten als nicht amtsführenden Stadtrat werden die Pinken verzichten. Wiederkehr: "Das ist rechtlich möglich." (red, David Krutzler, 13.10.2020)