Es klingt nach einem Rosenkrieg – allerdings ohne dass schon eine Hochzeit stattgefunden hätte. Zwar hatten die beiden wechselseitig beteiligten Immobilienkonzerne Immofinanz und S Immo ihre Fusionsgespräche Ende vergangenen Jahres auf Eis gelegt, verstummt sind entsprechende Gerüchte dennoch nicht. Zu Wochenbeginn kam es bei der S-Immo-Hauptversammlung dann zum Eklat: Mit den Stimmen der Immofinanz, die mit 26,5 Prozent an dem Mitbewerber beteiligt ist, wurde dessen Führungsspitze de facto demontiert.

Denn die Mandate von Aufsichtsratschef Martin Simhandl, seinem Stellvertreter Franz Kerber und einem weiteren Mitglied wurden mit den Stimmen der Immofinanz überraschend nicht verlängert. Ähnlich erging es Konzernchef Ernst Vejdovszky: Die beantragte Änderung der Satzung, die ihm aus Altersgründen ein Weitermachen untersagt, ist von den Aktionären abgelehnt worden. Was in der Praxis bedeutet, dass Vejdovszky, er wird Ende Oktober 67 Jahre alt, voraussichtlich Ende Juni 2021 seinen Posten räumen wird.

"Öffentliche Demütigung"

Von einer "öffentlichen Demütigung" von Simhandl und Kerber spricht Kleinaktionärsvertreter Wilhelm Rasinger. Beide hätten im Vorfeld von ihrer Demontage nichts gewusst. Bis zur Hauptversammlung hätten mit ihnen keine diesbezüglichen Gespräche stattgefunden – im Gegensatz zu ihm, sagt Rasinger, bisher ebenfalls Mitglied des Aufsichtsgremiums. Bereits vergangene Woche hatten Medien berichtet, dass sich Immofinanz-Chef Ronny Pecik gegen die Wiederwahl von Rasinger als S-Immo-Aufsichtsrat ausgesprochen habe.

Pecik, seit April Vorstandschef der Immofinanz, ist die zentrale Figur, wenn es um die Zukunft beider Immobilienkonzerne geht – zumindest hat er die meisten Strippen in der Hand. Gemeinsam mit verschiedenen Partnern hält er 14,2 Prozent an der S Immo und 10,7 Prozent an der Immofinanz. Zudem sind beide Konzerne auch wechselseitig aneinander beteiligt. Was also könnte Pecik vorhaben mit diesem Beteiligungsgeflecht?

Gefüllte Kriegskasse

Von ihm selbst liegen keine klaren Auskünfte vor. Rasinger hingegen mutmaßt sehr wohl, dass es sich um einen neuen Anlauf zu einer Fusion handeln könnte. Den nötigen finanziellen Spielraum hätte die Immofinanz wohl, erst zu Monatsbeginn platzierte sie eine Anleihe, mit der sie sich 500 Millionen Euro von Investoren besorgte. Rasinger zufolge beläuft sich die Kriegskasse der Immofinanz auf mehr als eine Milliarde Euro – genug, um ein Übernahmeangebot für die S Immo zu legen.

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Weder die Immofinanz, noch ihr Chef Ronny Pecik lassen sich hinsichtlich S Immo ins Blatt schauen.
Foto: Reuters

Rasinger ist jedoch kein Freund eines möglichen Zusammengehens, da es keinen Mehrwert ergäbe. "Eine Fusion ist nicht zwingend von Vorteil bei Immobiliengesellschaften", betont der Aktionärsschützer, der kaum Synergien, also Einsparungsmöglichkeiten, bei einem Zusammengehen erwartet. Im Gegenzug verweist er auf die hohen Einmalkosten einer Fusion. "Was soll das?", fragt Rasinger. "Man ist enorm verunsichert."

Alle Optionen offen

Auf Anfrage betont eine Immofinanz-Sprecherin, dass die Fusionsgespräche mit S Immo derzeit beendet seien, sich die Immofinanz aber alle Optionen offenhalte. Wegen der strengen Kommunikationsauflagen für börsennotierte Unternehmen möchte sie über ein mögliches Übernahmeangebot keine Erklärung abgeben. Die Ablöse der Aufsichtsräte erklärte die Sprecherin mit einer überlangen Mandatsausübung sowie der Nähe zu früheren Kernaktionären der S Immo. In unruhiges Fahrwasser geraten ist die Gesellschaft nach dem Ausstieg der früheren Großaktionäre Erste Bank und Vienna Insurance Group.

Nun besteht der S-Immo-Aufsichtsrat aus vier Mitgliedern. Sie müssen jetzt untereinander einen neuen Vorsitzenden und Stellvertreter wählen sowie bald über die Nachfolge von Konzernchef Vejdovszky bestimmen.

In Wiener Börsenkreisen ist Pecik als Investor gut bekannt: Er hatte etwa 2004 beim VA-Tech-Verkauf an Siemens die Hände im Spiel, 2012 veräußerte er ein Telekom-Austria-Paket an deren heutigen Mehrheitseigentümer América Móvil. (Alexander Hahn, 13.10.2020)