Es ist ein seltsames Jahr für Google-Smartphones: Zunächst verschob sich der Verkauf des eigentlich für Mitte Mai geplanten Mittelklassegeräts Pixel 4a infolge der Covid-19-Pandemie auf August. Doch selbst dieser Termin galt zunächst nur für die USA, in Europa ist das Gerät überhaupt erst seit Anfang Oktober zu haben. Ein Zeitpunkt, zu dem bereits das neue Spitzenmodell von Google vorgestellt wurde, das eigentlich keines ist: das Pixel 5 ist aus einer Hardwareperspektive in vielerlei Hinsicht nämlich ein Rückschritt zum direkten Vorgänger. Dazu passt dann auch, dass man erstmals auf ein XL-Modell bei der Pixel-Reihe verzichtet. Und als ob das noch nicht verwirrend genug wäre, wurde parallel dazu noch ein weiteres Smartphone präsentiert: das Pixel 4a 5G.

Dessen Name passt dann perfekt zum aktuellen Chaos in Googles Produktpalette, führt er doch in die Irre. Was wie eine 5G-Version des Pixel 4a klingt, ist in Wirklichkeit von der Hardwareausstattung her eine Mischung aus Pixel 4a und Pixel 5. Und noch dazu eine, die größer ist als die beiden anderen Smartphones. Also eher ein Pixel 4a XL. Oder auch ein Pixel 5s.

Ein Name zum Abgewöhnen: das Pixel 4a 5G.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Ersteindruck

Wie auch immer: Rein äußerlich wirkt das neue Smartphone wie ein größeres Pixel 4a. Das Gehäuse ist wieder aus Polykarbonat, das Design schlicht, und auch bei den Farboptionen gibt man sich zurückhaltend: Schwarz mit einem weißen Power-Button ist die einzige verfügbare Variante. Generell wirkt die Verarbeitung durchaus gut, mit dem Premiumgefühl eines Pixel 5 kann es aber nicht mithalten. Zudem fühlt es sich etwas kantiger an. Gleichzeitig liegt es durch das Kunststoffgehäuse sehr gut in der Hand, auf Sperenzchen wie seitlich gebogene Displays verzichtet Google dankenswerterweise. Mit Abmessung von 153,9 x 74,0 x 8,2 Millimeter bei 168 Gramm ist es zwar deutlich größer als das Pixel 4a, im Vergleich zu vielen anderen aktuellen Geräten ist das aber noch immer recht handlich.

Display

Der Bildschirm ist mit 6,2 Zoll denn auch nicht so viel größer als jene 5,8 Zoll des Pixel 4a oder gar die 6 Zoll beim Pixel 5. Ein bisschen mehr Fläche gibt es dann aber doch, und das mag gerade jenen, die gerne Videos am Smartphone schauen, wichtig sein. Der Rahmen rund um das Display ist eine Spur größer als beim Pixel 5, was sich vor allem am unteren Bildschirmrand zeigt – einer Stelle, an der viele Hersteller Probleme haben, den "Bezel" schmal zu halten, da auch noch die Display-Ansteuerung irgendwie mit dem Bildschirm verbunden werden muss. Die Darstellungsqualität ist generell sehr gut, die Auflösung von 2.340 x 1.080 Pixel reicht bei dieser Größe allemal aus. Auch im direkten Sonnenlicht lässt sich das Pixel 4a 5G gut lesen. Das Seitenverhältnis des OLED-Bildschirms beträgt 19,5:9, HDR wird ebenso unterstützt. Einen kleinen Ausschnitt links oben gibt es – wie von den anderen aktuellen Google-Smartphones gewohnt – für die Punchhole-Kamera.

Im Vergleich zum Pixel 5 gibt es in dieser Hinsicht zwei Unterschiede, einer egal, einer durchaus relevant. Da wäre einmal, dass der Bildschirm "nur" durch Gorilla Glass 3 und nicht das neuere Gorilla Glass 6 geschützt wird. Theoretisch ist das Pixel 4a 5G damit etwas schlechter gegen Kratzer geschützt. Ob das in der Praxis wirklich irgendeinen Unterschied macht, ist aber zweifelhaft. Schmerzhafter ist da schon der Verlust des 90-Hz-Modus, den das Pixel 5 nutzt, um Animationen und Scroll-Vorgänge weicher zu zeichnen. Stattdessen gibt es hier traditionelle 60 Hz.

Das Gehäuse ist aus Kunststoff. Die Fingerabdruckerkennung an der Rückseite funktioniert wieder sehr gut. Einziges kleines Manko: Der Ausschnitt hebt sich etwas weniger stark ab als beim Pixel 5, womit er auch schwerer zu ertasten ist.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Performance

Der Prozessor ist dann wieder deckungsgleich mit jenem des Pixel 5. Beim Snapdragon 765G handelt es sich um einen Chip der oberen Mittelklasse, der sich vor allem durch einen Punkt auszeichnet: Er bietet ein integriertes 5G-Modem. Von der Leistung her rangiert er in Benchmarks etwas – aber auch nicht allzu viel – über jenem Snapdragon 730, der beim Pixel 4a genutzt wird, das betrifft vor allem die 3D-Leistung.

In Hinblick auf die Alltagsperformance gibt es denn auch keinerlei Überraschungen: Das Pixel 4a 5G schlägt sich in dieser Hinsicht genauso wie das Pixel 5. Und das ist eine sehr gute Nachricht: Es läuft alles sehr flink, hier zeigen sich vor allem die Softwarestärken von Google. Lediglich der 90-Hz-Modus fehlt für die subjektiv wahrgenommene Performance. Einziger Unterschied zum teureren 2020er-Modell von Google bleibt, dass es hier "nur" 6 statt 8 GB RAM gibt. Damit können ein paar Apps weniger parallel im Speicher gehalten werden, das war es dann aber auch schon.

Die Kamera

Doch der Prozessor ist nicht die einzige Komponente, die sich das Pixel 4a 5G mit dem Pixel 5 teilt, denn auch der Kameraaufbau ist exakt gleich – und zwar wirklich bis ins letzte Detail. Wer mehr dazu wissen will, sei insofern auf den Pixel-5-Test verwiesen, all das hier noch einmal zu wiederholen wäre reichlich redundant. Dort gibt es dann auch erheblich mehr Testaufnahmen zu sehen. An dieser Stelle also nur eine kurze Zusammenfassung: Beim Hauptsensor handelt es sich um einen 12-Megapixel-Chip (f/1.7, 1,4 μm Pixelgröße, OIS und EIS), den Google zwar bereits seit mehreren Jahren einsetzt, dessen Bildqualität aber weiterhin aus der Masse der Smartphones heraussticht – und zwar positiv. Auch am Abend gibt es dank automatisch aktivierten Nachtsichtmodus sehr gute Aufnahmen. Ähnlich positiv sind die Erfahrung mit dem Porträtmodus, der sogar in den Abendstunden – also bei wenig Licht – noch gut funktioniert.

Viel Licht, viel Schatten. Hier spielt die Software von Google ihre Stärken voll aus.
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Die zweite Kamera ist eine Ultraweitwinkel, deren Basis ein 16-Megapixel-Sensor mit 1,0 μm Pixelgröße und einer Blende von f/2.2 bildet. Der Erfassungswinkel ist mit 107 Grad nicht gar so groß wie bei manch anderen aktuellen Smartphones – Samsungs S20 / Note 20 bringt es gar auf 120 Grad –, die gelieferte Bildqualität ist aber einmal mehr sehr gut. Also zumindest relativ zu anderen Weitwinkelkameras gesehen, generell liefern solche Komponenten immer etwas weichere und weniger scharfe Bilder. Auch gefällt, dass die Farbgebung zwischen den beiden Kameras konsistent ist. Und dann wäre da auch noch eine 8-Megapixel-Frontkamera, die gute, aber auch nicht gerade herausragende Bilder liefert.

Die Weitwinkelkamera bietet eine andere Perspektive und selbst bei Gegenlicht noch immer eine sehr gute Qualität.
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App-Updates

Die wichtigsten Upgrades im Vergleich zu früheren Pixel-Generationen spielen sich bei der Kamera aber ohnehin auf Softwareebene ab. So wurde die App umgestaltet, was den Zugriff auf einzelne Funktionen erleichtern soll. Der HDR+-Modus – ohnehin schon eine der großen Stärken der Google-Smartphones – wurde weiter verfeinert. Vor allem aber nimmt Google endlich das Thema Video ernst und unterstützt nun auch 4K/60 und bietet neue Softwarefunktionen wie verschiedene, sehr nützliche Stabilisierungsmodi. Übrigens lässt sich auch mit der Ultraweitwinkelkamera filmen, hier ist das Maximum dann aber wieder bei 4K/30.

In Summe: So sehr man sich wünschen würde, Google hätte auch noch eine Telekamera dazugepackt, bleibt doch die Realität, dass es in der Preisklasse derzeit keine bessere Smartphone-Kamera gibt. Vor allem wenn man auf die eigentliche Bildqualität Wert legt und nicht auf auf dem Spezifikationsblatt gut ausschauende, aber sinnlose Gimmicks, wie sie andere Anbieter oftmals in den Vordergrund stellen.

Die Katzen-Gang stimmt zu: gute Kamera.
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Akkuleistung

Der Akku ist mit 3.885 mAh angegeben. Das ist interessanterweise etwas weniger als beim eigentlich kleineren Pixel 5 (4.080 mAh). Generell ist das für ein Gerät dieser Größe aber immer noch ein sehr guter Wert. Vor allem aber resultiert dies in der Praxis in einem hervorragenden Wert im Akku-Benchmark von PCMark: Mit 15:39 Stunden hält es noch einmal fast zwei Stunden länger durch als das ohnehin schon sehr gut abschneidende Pixel 5. Dies dürfte wohl auf das Fehlen des bekannt stromhungrigen 90-Hz-Modus zurückzuführen sein. Mit dem Nutzungsverhalten des Autors resultieren daraus mehr als acht Stunden Screen-on-Time, was wiederum heißt, dass bei mittlerer Nutzung locker zwei ganze Tage oder mehr ohne neue Aufladung drinnen sind. Und wenn das noch nicht reicht, gibt es auch noch den "Extreme Battery Saver", der gewisse Systemfunktionen reduziert und wählen lässt, welche Apps aktiv bleiben sollen – und welche aus Stromspargründen vorübergehend eingefroren werden.

Ein vollständiger Ladevorgang braucht mit dem 18-Watt-USB-C-Fast-Charger etwas mehr als 80 Minuten, ein guter Wert, andere Smartphones sind in dieser Hinsicht aber noch einmal flotter. Ob das in der Praxis noch viel Unterschied ausmacht, ist natürlich wieder eine andere Frage. Schmerzlicher ist da schon, dass es beim Pixel 4a 5G kein drahtloses Laden gibt. Auch die IP68-Zertifizierung des Pixel 5 sucht man beim günstigeren Modell vergeblich. Sicherlich zwei der unerfreulichsten Downgrades im Vergleich zum aktuellen Spitzenmodell von Google.

Mobilfunk

Das wird jetzt viele schockieren, aber: Das Pixel 4a 5G kann tatsächlich mit 5G-Support aufwarten. Dabei wird zwar "nur" das Sub-6-Spektrum abgedeckt, aber das ist für Europa derzeit ohnehin der einzige relevante Bereich. Generell ist zwar Dual-SIM mit E-SIM und Nano-SIM möglich, allerdings mit einer entscheidenden Einschränkung: Das klappt nur mit LTE-Netzen. Ist auf einer der SIMs 5G aktiviert, wird der Dual-SIM-Support abgeschaltet. Wieder so ein Punkt, der gut zeigt, wie bruchstückhaft und unausgereift der 5G-Support derzeit in Smartphones noch ist.

Starke Kritik gab es am Pixel 5 für seinen schwachen Sound, da hier statt des Telefonielautsprechers der Bildschirm zur Tonausgabe genutzt wird. Glücklicherweise ist das beim Pixel 4a 5G anders, hier gibt es also zwei "echte" Lautsprecher. Die Tonausgabe fällt insofern deutlich stärker als beim Pixel 5 aus, für mehr als ein "Gut" reicht es dann aber auch wieder nicht. Doch das Pixel 4a 5G hat noch einen weiteren Vorteil: Es kann nämlich mit einem 3,5-Millimeter-Miniklinkenanschluss aufwarten.

Der Telefonielautsprecher findet sich an der oberen Kante des Geräts. Auch gut zu sehen: der Punchhole-Ausschnitt links oben beim Display.
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Im Gegenzug bietet das Pixel 4a 5G nur zwei statt der drei Mikrofone beim teureren Modell. Das führt dann dazu, dass es bei der Kamera doch noch einen kleinen Unterschied gibt: Jene Audio-Zoom-Funktion, mit der der Ton des gerade gewählten Bildausschnitts betont wird, fehlt hier.

Vermischtes

Der lokale Speicherplatz liegt bei 128 GB, die Schreib- und Lesegeschwindigkeit bewegt sich auf dem – guten – Niveau des Pixel 5, was vor allem bedeutet, dass Apps hier etwas flotter starten als beim kleineren Pixel 4a. Es gibt WLAN 5, Bluetooth 5.0 und Googles eigenen Sicherheitschip Titan M, der in einem Hochsicherheitsbereich biometrische Informationen und andere sensible Daten absichert. Apropos: Das Pixel 4a 5G hat einen Fingerabdrucksensor auf der Rückseite. Das mag man altmodisch finden, er funktioniert aber gleichermaßen flink wie auch sehr zuverlässig.

Software

Das Pixel 4a 5G wird von Haus aus mit Android 11 ausgeliefert, die Softwareausstattung ist mit jener des Pixel 5 identisch. Insofern sei für weitere Details einmal mehr auf den Pixel-5-Test zu verweisen. Ganz generell wirkt Googles Android-Variante nicht nur äußerst rund, sie ist auch wesentlich schlanker als das, was es bei anderen Anbietern zum Teil gibt. Das Update-Versprechen liegt bei drei Jahren ab Verkaufsstart – und zwar sowohl für große Versionssprünge als auch Sicherheitsaktualisierungen. Eine der Stärken Googles ist dabei die Geschwindigkeit, mit der es neue Softwaregenerationen gibt. Selbst das drei Jahre alte Pixel 2 hat an Tag eins der Veröffentlichung von Android 11 ein entsprechendes Update erhalten.

Verfügbarkeit

Das Pixel 4a 5G soll im November auf den Markt kommen, einen genauen Termin nennt Google noch nicht. Bislang kann man sich erst in eine Warteliste eintragen. Und das auch nur in Deutschland, in Österreich bringt Google das Smartphone nicht offiziell auf den Markt. Es ist aber davon auszugehen, dass über Online-Händler der direkte Bezug recht bald möglich sein wird. Der Preis in Deutschland liegt offiziell bei 499 Euro. Dank der aktuellen Mehrwertsteuersenkung spart man sich noch einmal ein paar Euro, der Google Store listet das Gerät also derzeit mit 486 Euro.

Das Pixel 4a 5G: ein sehr gutes Mittelklasse-Smartphone.
Foto: Proschofsky / STANDARD

Fazit

Wenn wir jetzt einmal von der verwirrenden Benennung absehen, ist das Pixel 4a 5G eigentlich ein sehr gutes Gerät geworden. Ein paar Abstriche gegenüber dem Pixel 5 gibt es zwar, aber die mögen nicht allen so wichtig sein. Gleichzeitig ist es doch ein deutliches Upgrade zum kleineren Pixel 4a. Es ist flotter, hat eine zweite Kamera, der Akku ist stärker, und natürlich ist das Display größer. Wer sich nicht am Kunststoff-Äußeren und Defiziten wie dem fehlenden drahtlosen Laden oder dem nicht vorhandenen Wasserschutz stört, der findet hier ein durchaus interessantes Angebot. Und zwar eines, das in der realen Nutzung kaum schwächer ist als zum Teil erheblich teurere Geräte. (Andreas Proschofsky, 19.10.2020)