Nachgestellte Szene vom ersten Eintreffen amerikanischer Soldaten in Mauthausen, vermutlich 7. Mai 1945.

Foto: US National Archives and Records Administration

Was eigentlich wie eine Selbstverständlichkeit klingt, kam erst nach großem Druck zigtausender Menschen, besonders von Holocaust-Überlebenden, zustande. Facebook und Twitter haben nun eine der perfidesten Formen des Antisemitismus, die Leugnung und Verharmlosung der Shoah, auf ihren Plattformen verboten. Facebook-Chef Mark Zuckerberg verwies zur Begründung auch auf die weltweite Zunahme des Antisemitismus. Die Abwägung zwischen Redefreiheit und dem Schaden durch die Leugnung oder Verharmlosung des Völkermords an den Juden durch die Nationalsozialisten habe ihm zu schaffen gemacht, räumte Zuckerberg ein. "Beim aktuellen Zustand der Welt" halte er ein Verbot aber für die richtige Entscheidung.

"Wenn Sie so wollen, dann war es halt Massenmord"

Ist es auch, wie das Beispiel Österreich zeigt. Man mag sich gar nicht vorstellen, was hierzulande los wäre, wäre im Jahr 1992 die öffentliche Leugnung der Shoah nicht unter Strafe gestellt worden. Dafür wurde das NS-Verbotsgesetz erweitert. Auslöser waren beachtlich groß angelegte Kampagnen von Neonazis, die an Schulen "Mauthausen-Gas-Betrugs-Rätsel-Poster" verschickten oder zu öffentlichen Veranstaltungen mit Holocaust-Leugnern luden. Damit versuchten sie das sogenannte "Dritte Reich" reinzuwaschen und dessen Ideologie wieder salonfähig zu machen.

Die Neonaziszene war damals nämlich davon überzeugt, wenn sie als NSDAP bei Wahlen antreten könnte, würde sie diese auch gewinnen. Flankiert wurde ihr Ansinnen dabei von Aussagen von FPÖ-Politikern, etwa von Jörg Haider, der in einem "Profil"-Interview auf die Frage, was er über den Holocaust denke, sich erst auf bohrendes Nachfragen hin zu den Worten durchrang: "Wenn Sie so wollen, dann war es halt Massenmord."

Wie sehr diese Aussagen und die Kampagnen griffen, zeigte sich auch in der größten Tageszeitung des Landes. Im Jahr 1992 kam der bekannt reaktionäre "Krone"-Kolumnist Richard Nimmerrichter ("Staberl"), als er über den Holocaust und die "Methoden eines Massenmordes" räsonierte, zum Schluss: "Nur verhältnismäßig wenige der jüdischen Opfer sind vergast worden." Eine Aussage, die dem Blatt heute noch nachhängt. Dem Thema widmeten sich auch immer wieder FPÖ-Politiker. "Es gab Gaskammern, aber nicht im Dritten Reich", meinte etwa ein freiheitlicher Bundesrat. Mit dieser Aussage handelte er sich eine Verurteilung ein.

Ausgedient

Zahlreiche Urteile später ist die Leugnung des Holocaust kein Thema mehr. Es ist heutzutage nicht vorstellbar, dass die "Kronen Zeitung" den Holocaust relativiert oder verharmlost. Diese besonders perfide Form des Antisemitismus hat in Österreich größtenteils ausgedient.

Allerdings nimmt die Verharmlosung gerade wieder zu. Auf Corona-Demos werden Gesichtsmasken mit nachgebildeten Judensternen getragen. Diese konstruierte Gleichsetzung von Maßnahmen zum Schutz von Menschenleben während einer Pandemie mit dem NS-Massenmord ist einfach widerlich. So werden Gräueltaten und Einzigartigkeit der Shoah relativiert und die Opfer verhöhnt. Auch verunglimpfen Rechtsextremisten, wie etwa die sogenannten Identitären, das Gedenken an die Opfer des Naziterrors als "Schuldkult". Diesem Treiben schieben Facebook und Twitter nun einen Riegel vor. (Markus Sulzbacher, 15.10.2020)