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Versucht eine Gewinnoptimierung als Ökomaßnahme zu verkaufen: Apple-Chef Tim Cook.

Foto: Apple / REUTERS

Der Klimwandel hinterlässt auch in der Smartphone-Branche seine Spuren: Kaum eine aktuelle Produktankündigung kommt derzeit ohne den Hinweis auf die Bemühungen des jeweiligen Herstellers in Umweltfragen aus. So versicherte etwa Google unlängst bei der Vorstellung seines Pixel 5, dass das Gehäuse aus 100 Prozent recyceltem Aluminium sei, und auch Apple unterstreicht gerne, wie sehr man bemüht ist, den ökologischen Fußabdruck der eigenen Geräte gering zu halten.

Greenwashing

Die Vorstellung des iPhone 12 stellte nun einen neuen Höhepunkt dieser Umwelt-PR dar – vor allem in Hinblick auf deren Unaufrichtigkeit. Von Bäumen und Solarzellen umrankt, verkündete Lisa P. Jackson, die bei Apple führend für Umweltfragen zuständig ist, dass man mit der neuen Smartphone-Generation einen entscheidenden Schritt zur Reduktion des CO2-Fußabdrucks setze: Bei sämtlichen iPhone-12-Modellen wird auf die Beigabe von lange gewohnten Komponenten wie Kopfhörer und Ladegerät verzichtet.

Jackson kann durchaus triftige Argumente anführen: Durch den Verzicht auf diese Beigaben könne man nicht nur riesige Mengen an Müll vermeiden, auch die Nutzung von wertvollen Materialien sowie der Ausstoß bei der Produktion entfallen. Außerdem könne man dadurch die Verpackungen kleiner machen, was wiederum den CO2-Verbrauch beim Transport reduziere, da man mehr Geräte auf einmal transportieren könne.

Die Unaufrichtigkeit ist das Problem

Das klingt alles irgendwie logisch, und tatsächlich sind positive Effekt für die Umwelt nicht zu leugnen. Gleichzeitig zeigt sich so mancher Beobachter von der Unaufrichtigkeit, mit der Apple hier vorgeht, verärgert. Denn was das Unternehmen verschweigt: In Wirklichkeit gehe es darum, die Gewinnmarge der iPhones, die in der Branche ohnehin schon ihresgleichen sucht, weiter zu vergrößern, wie Heise.de-Autor Ben Schwan in einem aktuellen Kommentar betont.

Die Zahlen unterstützen diese These jedenfalls: Im Vergleich zu den Vorgängern kosten die iPhone-12-Modell nicht weniger als ihre Vorgänger. Dies, obwohl Apple hier auf Komponenten verzichtet, für die man sonst schon mal 50 Euro veranschlagte. Dazu kommt, dass die erwähnten Logistikvorteile Apple natürlich ebenfalls dabei helfen, Geld zu sparen. Apple spricht immerhin davon, dass man so 70 Prozent mehr Geräte auf einer Palette unterbringen könne. Nun könnte Apple natürlich mit gewissem Recht argumentieren, dass die neuen Geräte ein 5G-Modem enthalten, was die Komponentenpreise weiter erhöht. Das mag schon richtig sein, trotzdem bleibt ein finanzieller Vorteil, wenn Apple die Preise niedriger und trotzdem die Marge hoch – oder gar noch höher – halten kann.

Situationselastische Argumente

Besonders zynisch wirken Apples öffentliche Aussagen dann, wenn man sie mit einer anderen Neuerung beim iPhone 12 vergleicht: Die Einführung des neuen Ladestandards Magsafe wird nämlich dazu führen, dass sich Apple-User wieder jede Menge frisches Zubehör kaufen. Das mag die hehren Aussagen zum "ökologischen Fußabdruck" zwar auf sehr augenscheinliche Weise konterkarieren, hat aber einen anderen entscheidenden Vorteil: Es wird jede Menge Geld in die Kassen von Apple spülen. Immerhin verdient das Unternehmen über das "Made for iPhone"-Programm an jedem verkauften Zubehör mit – auch wenn es von anderen Firmen stammt. (red, 16.10.2020)