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Der Elefantenvogel Aepyornis maximus trug den Kopf drei Meter über dem Boden.
Illustration: AP Photo/Brian Choo

Auf allen größeren Landmassen der Erde – vielleicht mit Ausnahme Afrikas – gibt es heute nur noch einen Bruchteil der Megafauna, die dort einst lebte. Der Schwund der Artenvielfalt, der vor allem Großtiere betroffen hat, fand aber zu ganz unterschiedlichen Zeitpunkten statt: In Australien schon vor 40.000 bis 50.000 Jahren, in Europa und den Amerikas am Ende der letzten Kaltzeit, auf Neuseeland oder Madagaskar sogar erst in historischer Zeit. Ein Faktor aber verbindet all diese verschiedenen Zeitpunkte – sie stimmen jeweils mit der Ausbreitung des Menschen auf den betreffenden Landmassen überein.

Madagaskar, die viertgrößte Insel der Erde, stand im Mittelpunkt einer Studie mit österreichischer Beteiligung, die im Fachmagazin "Science Advances" erschienen ist. Das Team, dem auch der Innsbrucker Geologe Christoph Spötl angehörte, untersuchte das Verschwinden der Megafauna auf Madagaskar und den östlich davon gelegenen Maskarenen-Inseln La Reunion, Mauritius und Rodrigues.

Einzigartige Tierwelt, leider verarmt

Noch heute ist dies ein einzigartiger Lebensraum mit zahlreichen Tierarten, die man nirgendwo sonst findet. Aber noch um die Zeitenwende herum hätte man dort noch viel mehr sehen können. So lebten auf Madagaskar beispielsweise die flugunfähigen Elefantenvögel, die mit bis zu drei Metern Höhe und einer halben Tonne Gewicht die größten Vögel aller Zeiten waren, oder Archaeoindris, ein Lemur in der Größe eines Gorillas.

Die Eier des Elefantenvogels sind die größten, die jemals gelegt wurden. Selbst die riesenhaftesten Dinosaurier schlüpften aus keinen größeren.
Foto: APA/dpa/dpaweb

Die kleineren Inseln konnten unter anderem mit Riesenschildkröten und zwei Riesentauben aufwarten, dem Dodo von Mauritius und dem Solitär von Rodrigues. Die beiden letzteren wurden erst im 17. bzw. 18. Jahrhundert ausgerottet. Sie markieren die (vorläufigen) Endpunkte eines Prozesses, in dessen Verlauf vor 1.500 bis ungefähr 500 Jahren fast die gesamte Megafauna der Region verschwand.

Untersuchung der Klimaentwicklung

Ein Forschungsteam um Hanying Li von der chinesischen Xi'an Jiaotong-Universität analysierte nun Proben von Tropfsteinen aus Höhlen auf Rodrigues und konnte daraus die Klimaentwicklung in der Region rekonstruieren. "Die Variationen in den geochemischen Signaturen lieferten uns jene Informationen, die nötig waren, um das Niederschlagsmuster der Region über die letzten 8.000 Jahre zu rekonstruieren", sagt Spötl. Der Hintergrund: Obwohl rund 1.600 Kilometer von Madagaskar entfernt, wird der Niederschlag auf Rodrigues durch den selben tropischen Regengürtel beeinflusst. Bleibt dieser zu weit nördlich hängen, leiden die Inseln unter Dürre.

Die Daten zeigten, dass es in den vergangenen Jahrtausenden immer wieder Tendenzen zur Austrocknung gab und sogar wiederkehrende, jahrzehntelange "Megadürren" zu verzeichnen waren. Die regionale Megafauna überstand aber offenbar alle dieser Trockenperioden – mit einer Ausnahme freilich, nämlich jener, die vor rund 1.500 Jahren begann. Für die Insel Rodrigues gehe man davon aus, dass ungefähr dann der Mensch dort auch erstmals präsent war, so die Forscher.

Der entscheidende Zusatzfaktor

Da die auf Mauritius und Rodrigues ansässigen größeren Tiere zuvor schon schlimmere Dürren überstanden haben, dränge sich der Schluss auf, "dass ein zusätzlicher Stressfaktor zur Ausrottung der Megafauna der Region beigetragen hat", sagt Ko-Autorin Ashish Sinha von der California State University.

Damit ergibt sich ein Bild analog zu den Klimaumschwüngen, die das Eiszeitalter der Nordhalbkugel bescherte: Drastische Veränderungen der Umweltbedingungen beim Wechsel zwischen Warm- und Kaltzeiten dürften die Tierwelt immer wieder geschwächt haben. Dennoch konnte sie sich stets wieder erholen. Erst die Anwesenheit des Menschen dürfte dazu beigetragen haben, dass das Überleben der Tiere in der letzten Krisenphase nicht mehr gelang. (red, 19. 10. 2020)