Dass die Bierpartei bei der Wien-Wahl 1,8 Prozent der Stimmen und damit elf Bezirksratsitze erreichen konnte, ist für Niko Alm ein Etappensieg. Ihren Chef Marco Pogo hält Alm für ein "politisches Ausnahmetalent", die Partei, nach deren Konzept aus dem Brunnen am Schwarzenbergplatz Bier statt Wasser sprudeln soll, schätzt er "für kreative Ideen". Nach einem dreijährigen Intermezzo bei Dietrich Mateschitz’ Quo-Vadis-Veritas-Stiftung engagiert sich der ehemalige Neos-Abgeordnete wieder politisch.

Ob er für das Amt eines Bezirksrats zur Verfügung steht, wird "erst geklärt", sagt Alm. Zeit hätte der 45-Jährige nach dem Aus von Quo Vadis Veritas, dessen Geschäftsführung er gerade abgibt. "Ich orientiere mich neu", sagt Alm über zukünftige Betätigungen und will "nichts vorwegnehmen".

Aktuell ist der 45-Jährige aber auch wegen seines Glaubensbekenntnisses im Gerede. In der Doku I, Pastafari tritt Alm als Angehöriger der "Kirche des fliegenden Spaghettimonsters" in Erscheinung. Alm ist Pastafari, wie sich die Mitglieder der Gemeinschaft nennen. Erkennungsmerkmal und gleichzeitig Ausdruck von Religionskritik ist ein Nudelsieb als Kopfbedeckung. Mit dem Nudelsiebfoto als Führerschein-Bild kam Alm in Österreich zu einiger Berühmtheit. Internationale Beachtung findet die Doku derzeit über die Grenzen hinweg – bei Festivals und auf Onlineplattformen, etwa Apple TV, Google Play, Vimeo und Amazon Prime Video. Aber alles der Reihe nach:

STANDARD: Woran glauben die Pastafari?

Alm: Das Wichtigste ist wie in fast allen Religionen die Gottheit. Das Universum wurde vom fliegenden Spaghettimonster erschaffen, welches mit seinen nudeligen Anhängseln in das gegenwärtige Geschehen immer wieder eingreift und kleine Wunder bewirkt. Dieser Glaube ist zentral.

Journeyman Pictures

STANDARD: Wer hat sich das denn alles ausgedacht?

Alm: Tja, wer denkt sich Religionen aus? Eine sehr umfassende Frage. Üblicherweise gibt es einen Propheten, der – von seiner Gottheit instruiert – das Wort dieser Gottheit wiedergibt. Unser erster Prophet ist Bobby Henderson, der 2005 das Evangelium des fliegenden Spaghettimonsters geschrieben hat.

STANDARD: Im Hintergrund tobt ein Rechtsstreit um die Anerkennung. Warum ist das so wichtig?

Alm: Weil die Republik Österreich sich nicht religiös weltanschaulich neutral verhält, sondern gewisse Religionen als Staatsreligionen bevorzugt. Es gibt in Summe 25 Staatsreligionen, die spezielle Rechte haben, die Ausnahmen aus sonst allgemeingültigen Gesetzen darstellen für die Organisation und die Individuen. Diese Ungleichbehandlung über die Privilegierung von Religion ist ein prinzipielles Problem, besonders für eine Religionsgemeinschaft.

STANDARD: Im November 2019 haben Sie Beschwerde beim Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte eingebracht. Wie ist der Stand?

Alm: Die Beschwerde ist noch nicht behandelt, aber auch noch nicht abgewiesen worden.

STANDARD: Was ist zu erwarten?

Alm: Die meisten Beschwerden werden dort abgewiesen. Wir hoffen, dass es ein positives Ende findet. Natürlich hat es politische Gründe, man will es sich mit einer großen Wählergruppe nicht verscherzen. Ich habe das während meiner politischen Tätigkeit sehr oft gemerkt, dass Kritik an meinen laizistischen Aktivitäten nicht unbedingt von der katholischen Kirche gekommen ist, sondern sehr oft über einen Umweg, wie etwa von ÖVP und Cartellverband oder einem raiffeisennahen Printprodukt. Es gibt keine Anweisungen der katholischen Kirche, wie man sich politisch zu verhalten hat. Das ist intrinsisches Wissen sogenannter christlich-sozialer Politiker.

STANDARD: Was schlagen Sie vor?

Alm: Weltanschaulich religiöse Neutralität zu gewährleisten und niemanden anzuerkennen. Das ist viel einfacher, und es passiert dadurch ja auch nichts Schlimmes. Wenn Sonderrechte alleine auf der Religion begründet sind, sind sie anderen Weltanschauungen gegenüber genauso diskriminierend. Es wird eine Ungleichbehandlung vorgenommen, die keine sachliche Grundlage hat. Dann wird immer angeführt, dass Religionen eine Leistung für die Gesellschaft erbringen. Worin diese Leistung besteht, hat bisher noch niemand gemessen.

"Wenn Sonderrechte alleine auf der Religion begründet sind, sind sie anderen Weltanschauungen gegenüber genauso diskriminierend."
Foto: I Pastafari

STANDARD: Sehen Sie Ihre Zukunft bei der Bierpartei?

Alm: Das möchte ich stark hoffen.

STANDARD: Das bringt Interessenkonflikte mit sich: Als Neos-Politiker mussten Sie Ihre religiösen Aktivitäten stilllegen.

Alm: Das alte Dilemma. Als Politiker würde ich sagen: Die Gremien müssen sich damit befassen.

STANDARD: Warum kandidierten Sie nicht mehr für die Neos?

Alm: Ich muss die Frage infrage stellen. Ich bin ja Kandidat der Bierpartei und kann nicht für zwei Parteien antreten. 2013 gab es die Bierpartei noch nicht.

STANDARD: Dann andersherum: Warum ist die Bierpartei für Sie attraktiver?

Alm: Ich bin vom Spitzenkandidaten sehr überzeugt. Marco Pogo ist ein politisches Ausnahmetalent. Er hat das Herz am rechten Fleck, ist absolut integer, und ich würde ihn als Person gerne in einer politischen Funktion sehen. Außerdem hat die Bierpartei sehr kreative Ideen für den Kulturbereich.

Marco Pogo im Video-Interview
DER STANDARD

STANDARD: Bleibt der Wirkraum Wien, oder ist eine bundesweite Bierpartei denkbar?

Alm: Der Fokus liegt sicher auf Wien. Ich habe nicht die Autorität, mehr darüber Auskunft zu geben, aber bei der nächsten Bundespräsidentenwahl kann ich mir gut vorstellen, dass ein Herr Doktor Marco Pogo antreten würde.

STANDARD: Nicht Niko Alm?

Alm: Bundespräsident ist für mich wahrscheinlich zu wenig exekutiv.

STANDARD: Lieber Kanzler?

Alm: Auch nicht. Einfaches Parteimitglied reicht. (Doris Priesching, 17.10.2020)

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