In der Kunst- und Kulturszene ist Fair Pay weiterhin ein frommer Wunsch. Jetzt gerät aber einiges in Bewegung.

Foto: Tolga Akmen

Es klingt eigentlich ganz simpel: Man füttert einen Onlinekalkulator mit Angaben zu Ausstellungsdauer, Anzahl der Künstler und Art des Werkes, schon spuckt er das zu zahlende Künstlerhonorar aus. In den Niederlanden würden die 2017 auf Initiative des Beirats für bildende Kunst entwickelten Honorarrichtlinien heute in fast allen öffentlich finanzierten Kunstinstitutionen Anwendung finden, berichtet Sepp Eckenhaussen von der niederländischen Interessenvertretung für bildende Künstler. Ein Modell für Österreich?

Die Tiroler Künstler*schaft lud am Wochenende zu einem bundesweiten Vernetzungstreffen in Sachen Fair Pay nach Innsbruck, im Rahmen einer Podiumsdiskussion wurden auch Lösungsansätze aus anderen Ländern vorgestellt. Der Teufel steckt dabei nicht nur in Detailfragen, sondern auch in der Grundsatzfrage, woher die Mittel für faire Honorare kommen sollen. Anders gesagt: Faire Bezahlung kostet Geld, in den Niederlanden stieg der Bedarf an öffentlichen Förderungen in kleineren Kunstinstitutionen laut Eckenhaussen um rund zwanzig Prozent.

Insofern ist die Botschaft, die jetzt vom Bund in Richtung Länder gesendet wird, wohl auch als Aufforderung zur finanziellen Beteiligung an den Kosten für bessere Arbeitsbedingungen zu verstehen: "Ohne Länder macht es keinen Sinn", so Brigitte Winkler-Komar, Leiterin der Arbeitsgruppe Fair Pay der Kunst- und Kultur-Sektion im BMKÖS, über den zuletzt von Staatssekretärin Andrea Mayer angekündigten Fairnessprozess. Darin sollen wie berichtet auch Vertreter aus den Ländern stark eingebunden werden. Der Bund sei schließlich nur "subsidiär für Kulturförderung zuständig", so Winkler-Komar in Innsbruck. In der Praxis ergibt sich daraus nicht selten eine Art Pingpongspiel zwischen Bund und Ländern, berichten jedenfalls Kulturschaffende aus den Ländern.

Corona-Krise als Brennglas

Unterschiedliche Förderpraxen kommen erschwerend hinzu: Kritisiert wird etwa, dass das Land bei Kulturprojekten keine Abrechnung von Eigenhonoraren zulässt, was in anderen Bundesländern sehr wohl möglich sei. Allgemeiner Tenor auf dem Podium: Es braucht Bewusstseinsbildung – auf politischer Ebene, in den Förderstellen und auch innerhalb des Kulturbetriebs. Einigkeit herrscht wenig überraschend auch dahingehend, dass die Corona-Krise wie ein Brennglas auf die prekären Verhältnisse im Kulturbereich gewirkt hat. Eine "Kannibalisierung" innerhalb des Betriebs, etwa durch Corona-Klauseln in Verträgen, ortet Yvonne Gimpel, Geschäftsführerin der IG Kultur Österreich. Die "Rückkehr in die gewohnte Normalität" könne und dürfe aber auch abgesehen davon "keine Lösung sein". Was Winkler-Komar bestätigt: "Es hat sich hier ein Prekariat verfestigt, dessen Verbesserung ausschließlich durch politische Maßnahmen erreicht werden kann."

Doch wie könnten solche Maßnahmen im stark heterogenen Kunst- und Kulturfeld aussehen? Von einzelnen Interessenverbänden erarbeitete Honorarrichtlinien gibt es auch in Österreich. Im Förderwesen verankert sind sie nicht. Als positives Beispiel gilt aus Sicht von Gimpel und Winkler-Komar die Stadt Wien, die auf der Website für Förderanträge auf die Empfehlungen der IG Freie Theater verlinkt. (Ivona Jelcic, 18.10.2020)