Nur jeder vierte Mann sagt klar, dass er bereit ist, Österreich zu verteidigen.

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Wien – Unter den Bedingungen einer weltweit wütenden Pandemie schätzen die Österreicherinnen und Österreicher die weltweite Sicherheitslage allgemein schlechter ein als in früheren Jahren: Zehn Prozent sehen die Weltlage als "sehr unsicher", weitere 35 Prozent als "eher unsicher" – an eine "sehr sichere" Welt glaubt nur jeder hundertste Befragte, weitere zehn Prozent meinen, die Welt sei "eher sicher". Die Werte haben sich gegenüber der Vergleichsumfrage im Jahr 2019 signifikant verschlechtert.

Allerdings sieht nur eine Minderheit einen Zusammenhang mit der Sicherheitslage in Österreich: Knapp 18 Prozent halten unser Land für sehr, 48 Prozent für eher sicher.

Das ist die Stimmungslage, der sich das Verteidigungsministerium rund um Nationalfeiertag und Budgetbeschluss gegenübersieht. Veröffentlicht wurde die Untersuchung, die von der Landesverteidigungsakademie mit Umfragedaten des Linzer Market-Instituts durchgeführt wurde, dieser Tage auf der Website des Verteidigungsministeriums.

Klimawandel stärkste Bedrohung

Diese Studie belegt auch, dass der Internetangriff, dem Österreich zu Jahresbeginn ausgesetzt war, im Sicherheitsgefühl der Bevölkerung kaum Spuren hinterlassen hat – nur fünf Prozent (praktisch unverändert gegenüber 2019) sehen eine starke Bedrohung der Infrastruktur durch Cyberattacken. Zum Vergleich: Der Klimawandel wird von 28 Prozent als "sehr starke Bedrohung" empfunden, gefolgt von der "weltweiten Ausbreitung einer gefährlichen Krankheit oder Seuche" – die starke Ausprägung dieser Sorge ist von vier Prozent im Vorjahr auf aktuell rund 17 Prozent angestiegen. Noch vor einem Jahr sahen 15 Prozent gar keine Bedrohung durch eine Pandemie, dieser Wert ist auf vier Prozent geschrumpft.

Auffallend ist, dass die heuer erstmals abgefragten Effekte von Falschinformationen sowohl in sozialen als auch in klassischen Medien hoch eingeschätzt werden (jeweils ein Drittel fühlt sich dadurch mehr oder weniger stark bedroht) und dass sich ein Drittel der Befragten durch religiösen Fundamentalismus bedroht fühlt.

Dagegen werden Terroranschläge in Österreich und ein Krieg in Europa kaum als Bedrohung gesehen – beides mit leicht abnehmender Tendenz.

Unverändert gegenüber früheren Jahren stimmen sechs von zehn Befragten (Frauen und ältere Befragte tendenziell noch stärker) der Aussage zu, dass Österreich neutral bleiben sollte. Für 75 Prozent ist die Neutralität "untrennbar mit unserem Staatsgedanken verbunden". Zwei Drittel der Befragten meinen auch, dass die Neutralität zur Sicherheit und Stabilität in Europa beitrage.

Trittbrettfahren

Dass Österreich als Folgerung aus seinem neutralen Status sicherheitspolitisch allein dasteht, wird aber von der Bevölkerung nicht verstanden: Nur 18 Prozent stimmen völlig, 28 Prozent teilweise der Aussage zu "Für seine Sicherheit sollte Österreich vor allem allein sorgen". Vielmehr meinen 74 Prozent, dass Österreich weiterhin Trittbrettfahrer der europäischen Politik spielen sollte, denn "wenn Österreich militärisch angegriffen wird, sollten andere Mitgliedsstaaten der EU Österreich trotz seiner Neutralität militärisch unterstützen".

Umgekehrt meinen nur 30 Prozent, dass Österreich militärische Unterstützung leisten sollte, wenn ein Mitgliedsstaat der EU militärisch angegriffen wird.

Erhoben wurde auch, wer bereit wäre, Österreich im Falle eines militärischen Angriffs zu verteidigen. Sechs von zehn Frauen, aber auch fünf von zehn Männern sagen, dass sie nicht bereit wären, für Österreich zur Waffe zu greifen.

Wehrpflicht als Minderheitenprogramm

Nur ein Viertel der Männer ist uneingeschränkt bereit, der Wehrpflicht nachzukommen, was allerdings auch damit zusammenhängen dürfte, dass männliche Österreicher unter 17 und über 50 nicht wehrpflichtig sind. Von den Frauen, die nicht der allgemeinen Wehrpflicht unterliegen, sondern nur auf freiwilliger Basis zu den Streitkräften dürfen, sagen immerhin 7,7 Prozent, dass sie für das Land kämpfen würden. (Conrad Seidl, 20.10.2020)