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Große Freude bei den Sozialisten – Boliviens wohl nächster Präsident heißt Arce (Mitte).

Foto: AP Photo/Juan Karita

Ein Jahr nach dem turbulenten Rücktritt von Evo Morales dürfte Bolivien zum Sozialismus zurückkehren. Nachwahlbefragungen zufolge kam der Kandidat der Bewegung zum Sozialismus (MAS), Luis Arce, bei der Wahl am Sonntag auf etwa 52 Prozent der Stimmen. Damit würde er in der ersten Runde klar siegen. Sein Widersacher Carlos Mesa von der Mitte-links angesiedelten Bürgergemeinschaft erreichte demnach nur etwa 31,5 Prozent und gestand am Montag seine Niederlage ein.

Sogenannte "Schnellauszählungen" bestätigten das Bild. Offizielle Zahlen aber lagen noch nicht vor, die Auszählung kann Tage dauern. Sollten sich die Zahlen bestätigen, wäre das ein herber Rückschlag für die rechte Interimsregierung unter Jeanine Añez, die vor einem Jahr ins Amt eingetreten war, um den "kommunistischen Teufel" auszutreiben.

Freudenböller in Armenvierteln

"Wir sind die Mehrheit, verdammt!", intonierte die Führungsriege der MAS jedenfalls schon am Sonntagabend in La Paz, während in den umliegenden Arbeitervierteln Freudenböller gezündet wurden. Noch bevor Arce vor die Presse trat, meldete sich Ex-Präsident Evo Morales aus dem argentinischen Exil zu Wort und sprach von einem "historischen Tag", an dem das Volk die "Putschisten" besiegt habe.

Arce stellte anschließend eine Fortsetzung seiner staatskapitalistischen Wirtschaftspolitik in Aussicht, versprach aber gleichzeitig eine Regierung der Einheit für alle Bolivianer. "Wir werden unsere Fehler ausbessern", beteuerte der Ex-Wirtschaftsminister, der ein besseres Ergebnis erzielte als Morales bei der umstrittenen Wahl 2019. Damals war Morales wegen seines autoritären, selbstherrlichen Regierungsstils in Ungnade gefallen. Als er gegen die Verfassung und ein Plebiszit eine vierte Amtszeit anstrebte und es bei der Wahl Unregelmäßigkeiten gab, kam es zu gewaltsamen Protesten, Morales trat zurück.

Arce profitierte nun von seinem Image als Vater des bolivianischen Wirtschaftswunders und von den Fehlern der Interimsregierung. Die hatte MAS-Anhänger diskriminiert und soziale Errungenschaften infrage gestellt. (Sandra Weiss aus La Paz, 19.10.2020)