Der Abrüstungsvertrag läuft am 5. Februar 2021 aus, sofern er nicht verlängert wird.

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Moskau – Im Ringen um eine Verlängerung des letzten großen atomaren Abrüstungsvertrags mit den USA ist Russland zu Zugeständnissen bereit. Moskau stellte am Dienstag in Aussicht, die Zahl der Nuklearsprengköpfe ein Jahr lang "einzufrieren". Sollte das Abkommen zunächst um zwölf Monate verlängert werden, werde Russland diese politische Verpflichtung eingehen, teilte das Außenministerium in Moskau mit. Das sei aber nur dann möglich, wenn die USA nicht "zusätzliche Forderungen" stellten.

Der New-Start-Vertrag über die Begrenzung von Atomwaffen läuft Anfang Februar aus. Russlands Präsident Wladimir Putin hatte am Freitag eine Verlängerung des Abkommens ohne Bedingungen um ein Jahr vorgeschlagen. Diese Zeit sollte aus Sicht des Kreml-Chefs für weitere Verhandlungen genutzt werden. Die USA lehnten das umgehend ab und verlangten ein Einfrieren der Zahl der nuklearen Sprengköpfe. Unabhängige Experten in Moskau werteten das als Niederlage für Putin.

90 Prozent der weltweiten Atomwaffen

Der US-Sonderbeauftragte für Abrüstungsfragen, Marshall Billingslea, hatte vergangene Woche erklärt, dass die USA bereit seien, das New-Start-Abkommen für eine bestimmte Zeit zu verlängern, wenn Russland zusage, sein Arsenal taktischer Atomwaffen zu begrenzen. Und er betonte: "Wir glauben, dass es eine grundsätzliche Einigung auf den höchsten Ebenen unserer beiden Regierungen gibt."

Russlands Vizeaußenminister Sergej Rjabkow hatte dies zurückgewiesen und betont, dass ein Einfrieren taktischer Waffen als Bedingung für eine Verlängerung des Abkommens für Moskau "unannehmbar" sei. Russlands Außenminister Sergej Lawrow hatte ergänzt: "Ich sehe keine Perspektiven."

Der New-Start-Vertrag begrenzt die russischen und amerikanischen Nukleararsenale auf je 800 Trägersysteme und 1.550 einsatzbereite Atomsprengköpfe. Wird der Vertrag nicht verlängert oder keine neue Vereinbarung geschlossen, gäbe es erstmals seit Jahrzehnten kein Abkommen mehr, das den Bestand an strategischen Atomwaffen begrenzt.

Beide Länder besitzen zusammen rund 90 Prozent der weltweiten Atomwaffen. Russland möchte eine Verlängerung des Vertrags, hatte zuletzt aber kaum noch Chancen dafür gesehen – auch wegen der anstehenden US-Präsidentenwahl. Die USA pochten bisher darauf, dass auch China mit an den Verhandlungstisch geholt wird. Doch Peking weigert sich, über sein vergleichsweise kleines Atomwaffenarsenal zu verhandeln.

Rjabkow und Billingslea waren im Juni, Juli und August in Wien zusammengekommen. Bisher war bei den Gesprächen kein Durchbruch erzielt worden. (APA, 20.10.2020)