Trotz Waffenruhe wurden am Montag Städte wie Martakert in Bergkarabach beschossen.

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New York/Stepanakert/Jerewan (Eriwan) – Der Uno-Sicherheitsrat hat erneut über die anhaltenden Kämpfe zwischen Armenien und Aserbaidschan um die Südkaukasus-Region Bergkarabach beraten. Die 15 Ratsmitglieder hätten sich bei einer Sitzung am Montag (Ortszeit) in New York hinter den Appell von Uno-Generalsekretär Antonio Guterres an die Konfliktparteien gestellt, sich an die vereinbarte neue Waffenruhe zu halten, sagte ein Uno-Diplomat.

Alle Ratsmitglieder seien sich einig gewesen: "Die Situation ist schlimm, beide Seiten müssen sich zurückziehen und den Aufruf des Generalsekretärs zur Feuerpause beherzigen", sagte der Diplomat. Nach Angaben weiterer Diplomaten bereitet Russland, das derzeit den Vorsitz in dem obersten Uno-Gremium innehat, eine offizielle Stellungnahme vor, in der Armenien und Aserbaidschan auch zur Rückkehr an den Verhandlungstisch aufgerufen werden sollen.

Gefahr eines Stellvertreterkrieges

Die außerordentliche Sitzung im Sicherheitsrat war von Russland, Frankreich und den USA einberufen worden. Die drei Staaten leiten die sogenannte Minsk-Gruppe der Organisation für Sicherheit und Zusammenarbeit in Europa (OSZE), die 1992 zur Entschärfung des Konflikts um Bergkarabach eingerichtet worden war.

Der Konflikt um Bergkarabach war Ende September wieder aufgeflammt. Hunderte Menschen wurden seither getötet, darunter auch Dutzende Zivilisten. Am Samstag hatten sich die Konfliktparteien zum zweiten Mal auf eine Waffenruhe geeinigt, die sich jedoch bereits nach kurzer Zeit erneut als brüchig erwies.

Bergkarabach hatte nach dem Zerfall der Sowjetunion einseitig seine Unabhängigkeit erklärt. Darauf folgte in den 90er-Jahren ein Krieg mit 30.000 Toten. Die selbst ernannte Republik Bergkarabach wird bis heute international nicht anerkannt und gilt völkerrechtlich als Teil Aserbaidschans. Sie wird aber mehrheitlich von Armeniern bewohnt.

Beobachter befürchten, dass sich der Konflikt zu einem Stellvertreterkrieg zwischen Russland und der Türkei im Kaukasus ausweiten könnte. Die Türkei unterstützt in dem Konflikt Aserbaidschan. Russland unterhält gute Beziehungen zu beiden Seiten, gilt aber als die militärische Schutzmacht Armeniens. (APA, 20.10.2020)