Nach 27 Jahren soll der Sudan von der US-Terrorstaatenliste gestrichen werden, eineinhalb Jahre nach dem Sturz des Regimes von Omar al-Bashir, das in den 1990er Jahren Al-Kaida-Chef Osama bin Laden beherbergt hatte. Voraussetzung ist die Hinterlegung von 335 Millionen Dollar für die Entschädigung von Opfern der Al-Kaida-Anschläge auf die US-Botschaften in Tansania und Kenia 1998 und auf die USS Cole 2000: Dann soll, so will es US-Präsident Donald Trump, der US-Kongress den Weg freimachen, was für Khartum auch Immunität gegen Klagen von 9/11-Opfern bringen würde. Und der Sudan hätte wieder Zugang zu internationalem Geld.

Kritik gibt es von mehreren Seiten: von afrikanischen Terroropfern, für die wesentlich weniger Entschädigung fließen soll als für amerikanische, und von Vertretern der 9/11-Opfer – aber auch von Sudanesen, die nicht verstehen wollen, dass der am Rande des wirtschaftlichen Abgrunds stehende "neue" Sudan für die Vergangenheit geradestehen soll. Das ist jedoch selbstverständlich internationale Rechtspraxis.

Es gibt einen weiteren heiklen Punkt: Der wahlkämpfende Trump versuchte zuletzt Khartums Streichung von der Terrorliste daran zu knüpfen, dass es die Beziehungen zu Israel normalisiert. Premier Abdalla Hamdok erreichte immerhin eine gesichtswahrende Lösung: zuerst Trumps Okay zur Streichung, danach Annäherung an Israel. Der Vorwurf, sich erpressen lassen zu haben, wird ihm trotzdem gemacht werden. (Gudrun Harrer, 20.10.2020)