Antigentests sind derzeit in großer Stückzahl verfügbar und kostengünstig. Allerdings sind sie im Vergleich zu PCR-Tests weniger zuverlässig.

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Am Mittwoch wurde ein neuer Rekordwert an neuen Corona-Fällen in Österreich verzeichnet. 1.958 Neuinfektionen wurden in 24 Stunden registriert – um 434 mehr als am Dienstag. Die Zahl der aktiven Fälle erhöhte sich um 737 Personen. "Die Pandemie nimmt weiter Fahrt auf. Der Höhepunkt ist noch nicht erreicht", sagte Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Allerdings verwies Anschober auch auf die Tatsache, dass es mit 21.077 ausgewerteten PCR-Tests so viele wie noch nie in 24 Stunden gegeben hat. Die aktuell hohen Zahlen seien daher nicht mit jenen aus dem Frühjahr zu vergleichen.

In Österreich betrage die Sieben-Tages-Inzidenz bei Neuinfizierten pro 100.000 Einwohner 111 Fälle. Deutschland (49) oder Italien (104) stehen aktuell noch etwas besser da. Anders sieht es laut Anschober etwa in der Schweiz (201), Belgien (504) oder Tschechien (514) aus.

Auch bei den Hospitalisierten gab es erneut eine deutliche Zunahme: Die Zahl jener Corona-Fälle, die eine Spitalsbehandlung benötigen, wuchs um 71 Patienten. Erwartet wurde, dass am Donnerstag erstmals seit Mitte April wieder mehr als 1.000 Infizierte in Krankenhäusern untergebracht sind. Weiter stabil blieb die Lage auf den Intensivstationen, wo 147 Patienten betreut werden – zwei mehr als am Vortag. Insgesamt waren noch 641 Intensivbetten für Corona-Patienten verfügbar.

Neue Teststrategie

Anschober stellte auf einer Pressekonferenz auch eine Änderung in der Teststrategie vor. Ab Donnerstag können niedergelassene Ärzte österreichweit – "auf freiwilliger Basis", wie es hieß – bei Patienten neue Antigen-Schnelltests (siehe unten) durchführen. Personen, die sich krank fühlen, können nach telefonischer Voranmeldung vom Hausarzt einen Nasen-Rachen-Abstrich machen lassen. Die Kosten für den Antigentest werden vom Bund übernommen und über die Österreichische Gesundheitskasse (ÖGK) abgerechnet. Eine entsprechende Verordnung tritt laut Anschober am Donnerstag in Kraft.

"Kranke Menschen gehören zum Arzt. Wir wollen es nicht mehr er leben, dass Menschen selbst an sich herumdoktern oder zu lange auf ein Testergebnis warten", sagte Susanne Rabady, Vizepräsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Allgemeinmedizin. Im Vergleich zur ersten Welle ist das durchaus ein Paradigmenwechsel. Damals herrschte großteils die Meinung vor, Erkrankte tunlichst von Arztpraxen fern zuhalten. "Die Sorge vom Frühjahr war auf Unsicherheit begründet", meinte Rabady.

Die Herausforderung für Ärzte ist aber die örtliche sowie zeitliche Trennung von Corona-Verdachts fällen in Arztpraxen von anderen Patienten. Das räumte auch Wolfgang Mückstein ein, er ist einer der Leiter des Primärversorgungszentrums Medizin Mariahilf. Dort wurden bereits 100 Patienten im Probebetrieb mit Antigentests erfolgreich getestet. Kein Problem ist derzeit hingegen die Verfügbarkeit der Antigentests, sagte Anschober. Wie viele Ärzte diese künftig in ihrer Praxis durchführen, konnte Anschober nicht sagen. Es gebe kein Anmeldesystem für Ärzte, aber "eine hohe Bereitschaft".

Zwist um Ärzte-Honorare

Thomas Szekeres, Präsident der österreichischen Ärztekammer, begrüßte die zusätzliche Möglichkeit. Allerdings habe das Ministerium die Ärztehonorare für die Antigentests – gestaffelt zwischen 35 und 65 Euro – einseitig festgesetzt, sagte Szekeres dem STANDARD. Zudem brauche es vor allem für Hausärzte in Städten räumliche Voraussetzungen. In Wien etwa gibt es Verhandlungen über bis zu 30 Testcontainer, die als Infektionsambulanzen dienen könnten. Dort sollen groß flächig auch Abstriche von Corona-Verdachtsfällen genommen werden können. Betrieben werden sollen die Container vom Ärztefunkdienst, die Infrastruktur stellt die Stadt Wien bereit. Allerdings ist die "Finanzierungsfrage noch nicht endgültig geklärt", wie es aus dem Büro von Gesundheitsstadtrat Peter Hacker (SPÖ) heißt.

In Wien sind Antigentests schon seit fast einem Monat im Einsatz: Bei der Corona-Teststraße an der Donauinsel, bei der mobilen Teststraße in Favoriten und nun auch in Pflegeheimen. Man habe nur bei bestimmten Fällen gute Erfahrungen damit gemacht, heißt es aus dem Büro Hacker, nämlich innerhalb der ersten fünf Tage nach Symptom beginn. Ab dem sechsten Tag sei der Antigentest nicht mehr zuverlässig, auch nicht bei asymptomatischen Personen.

Dennoch überlegt man, das Angebot auszuweiten. Momentan teste man in Pflegeheimen, wo genau man Antigentests einsetzen könne. Angedacht wären etwa in Zukunft Schnelltests für Besucher und Be sucherinnen – aber auch, dass diese ein negatives Attest vorweisen müssen, um ins Heim hinein zu dürfen, sei denkbar, sagte ein Sprecher Hackers. (David Krutzler, Gabriele Scherndl, 21.10.2020)