Für Kinder unter zehn Jahren, in deren Klasse es einen positiven Fall gibt, entfallen die Corona-Tests.

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Das Bildungs- und das Gesundheitsministerium präsentierten am Donnerstag ihre gemeinsame Strategie.

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Wien – Es läuft mitunter suboptimal wenn an einer Schule Corona-Verdacht besteht. Das würden Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) natürlich nie so sagen, aber, immerhin: "In Einzelfällen haben wir bemerkt, dass es zu Interpretationsunterschieden gekommen ist", versuchte sich Anschober in einer möglichst eleganten Umschreibung. Das Resultat: ein von beiden Ressorts gemeinsam erstelltes Konzept für ein einheitlicheres Vorgehen von Bildungs- und Gesundheitsbehörden. Entsprechend wortidente Erlässe folgten noch am Donnerstag.

Welche inhaltlichen Neuerungen gehen damit einher?

  • Unabhängig vom Wohnort sollen für alle Schüler eines Schulstandorts die gleichen Quarantäneregeln gelten – genannt Standort-Prinzip.
  • Bei Kindern unter zehn Jahren, in deren Klasse es einen positiven Fall gibt, entfallen die Corona-Tests für die Mitschülerinnen und Mitschüler. Das heißt: Auch bei vorangegangenem engem Kontakt mit dem Positiv-Getesteten werden diese Schüler als "Kategorie-II-Kontaktpersonen" geführt und nicht automatisch in Quarantäne geschickt. Diese Regel gilt bereits seit September, wird aber nicht von allen Bundesländern umgesetzt – etwa Wien. Deshalb bekommt die Empfehlung jetzt Rechtsverbindlichkeit.

Darüber hinaus versprechen sich Faßmann und Anschober durch die generelle Änderung der Teststrategie hin zum verstärkten Einsatz von deutlich schnelleren Antigentests auch für den Schulbereich eine merkliche Beschleunigung. Die erhoffte "Entlastung des Gesamtsystems" werde sich dann wohl auch in einer besseren Erreichbarkeit der Gesundheitsbehörden für und raschere Informationen an die Bildungseinrichtungen niederschlagen, glaubt Anschober. Damit solle es künftig zu keinen "unnötigen Quarantänemaßnahmen" mehr kommen, versprechen die beiden Minister. Damit der Plan aufgeht, appellieren sie aber ein wiederholtes Mal an die Länder, das Personal der Gesundheitsbehörden aufzustocken.

Vorsichtiger Pilot

Weiters will Faßmann auch im Schulbereich verstärkt auf Antigentests setzen. Zuerst nur im Pilotversuch an einigen Standorten in Niederösterreich und Tirol, danach bundesweit. Als Grund für die schrittweise Einführung dieser Methode nennt der Bildungsminister die Orientierung am "Vorsichtsprinzip". Er wolle sicherstellen, dass auch die Logistik für das neue Vorgehen funktioniert. Der Schnelltest soll nämlich von mobilen Schularztteams durchgeführt werden.

Auch für Grundsätzliches zu Bildung und Schule war Platz. Und das gewann ob der sich abzeichnenden weitreichenden dunkleren Ampelfarben für eine ganze Reihe von Bezirken auch an Dringlichkeit. Faßmann erklärt sich den Wunsch nach Schulschließungen, der ihn – neben einer Reihe guter Tipps – auch immer wieder erreiche so: Das sei ein "Stellvertreterargument für eine tiefe Sehnsucht" nach der Vor-Corona-Zeit. Allerdings, wird Faßmann nicht müde zu betonen: Was bedeute diese Option neben den Auswirkungen auf das Recht auf Bildung etwa für die Frauen im Land, die beim Wechsel auf Distance-Learning ja mehrheitlich daheim einspringen würden.

Umso wichtiger seien die nun vorliegenden Präzisierungen und die anvisierte Priorisierung des Bildungsbereichs: "Das ist notwendig, um die Unsicherheit aus dem Schulsystem wieder herauszunehmen", glaubt Faßmann. Aus medizinischer Sicht sei die Lage jedenfalls sonnenklar, sagen Anschober wie Faßmann: "Schule ist ein vergleichsweise sicherer Ort", insbesondere bei Kindern, die jünger als zehn Jahre sind. Das hätten zahlreiche Studien bereits gezeigt und auch die Empfehlungen der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde seien hier eindeutig.

Keine Freude mit, aber auch keine Kritik an den Ländern

Wie die vom STANDARD recherchierten Zahlen zu jenen mehr als 30.000 Schülerinnen und Schülern zu bewerten sind, die aktuell bereits nicht mehr an den Schulen unterrichtet werden – insbesondere in Salzburg und Tirol, wo die Bildungsampel seit einer Woche auf Orange steht? Faßmann will hier keine Kritik an den Ländern üben, die entgegen seiner nachdrücklichen Empfehlung, dass Orange nicht zwingend Distance-Learning heißt, gehandelt haben. Aber: "Ich bin froh, dass keiner mehr ernsthaft diskutiert, ob wir die Schule der Sechs- bis 14-Jährigen schließen sollen", lässt der Minister wissen, wenn man ihn nach der Unterstützung in den Reihen des Reigeurngsteams fragt. Denn Schule sei aus seiner Sicht, "als systemkritisch zu betrachten". Bei den Oberstufenklassen ist die Situation wohl eine andere.

Von den Großen noch kurz zu den ganz Kleinen im Bildungssystem: Alle am Donnerstag präsentierten Regeln sollen selbstverständlich auch als Empfehlungen für den elementaren Bildungsbereich verstanden werden. Auf zehn Seiten hat man sich mit der Situation in Kindergärten und Krippen auseinandergesetzt. Jedoch: Zuständigkeit der Länder!

Details aus den neuen Leitlinien

Einige ergänzende Informationen aus den 48 Seiten umfassenden "Hygiene-, Präventions- und Verfahrensleitlinien":

  • Ganz grundsätzlich wird den Schulen noch einmal ganz klar mitgeteilt: "Ein COVID-19-Verdachts- oder Erkrankungsfall an einer Schule bedeutet nicht, dass automatisch eine Klasse oder die gesamte Schule abgesondert / geschlossen wird." Die Entscheidung über anstehende Maßnahmen obliege in jedem Fall den Gesundheitsbehörden: "Der Schulleitung selbst kommt keine Kompetenz bezüglich des Setzens von Maßnahmen zu."
  • Auch die Isolierung eines Kindes, das als Verdachtsfall eingestuft wird, sei nicht zwingend erforderlich".
  • Weiters wird den Lehrkräften empfohlen, auch im Konferenzzimmer einen Mund-Nasen-Schutz zu tragen – "zu ihrem eigenen Schutz"
  • Zu guter Letzt: Wer als Kontaktperson der Kategorie 2 eingestuft wird (also ohne unmittelbare Nähe zu einer positiv getesteten Person), für diejenige oder denjenigen gilt eine so genannte "Verkehrsbeschränkung", heißt: Schulbesuch inklusive An- und Abreise in öffentlichen Verkehrsmitteln ist möglich, die Einschränkungen betreffen ausschließlich den "Freizeitbereich" der Kinder – genannt werden Sportvereine, Pfadfinder, private Feiern. (Karin Riss, 22.10.2020)