Wegen Pandemie vorübergehend geschlossen – die Edson Arantes do Nascimento GmbH zur Vermarkung einer Legende musste die Geschäftstätigkeit fast völlig einstellen, schließlich zählt das Geschäftskapital zur Risikogruppe.

80 Jahre wird Pelé heute alt, und das in Brasilien besonders brutal wütende Virus zwingt den besten Fußballer aller bisherigen Zeiten in seinen tropischen Traum vom Homeoffice.

Aus seiner Strandvilla in Guarujá bei Santos, Pérola do Atlântico (Perle des Atlantik) genannt, meldete sich "o rei", der König des brasilianischen Fußballs, mit einem augenzwinkernden Dankesvideo für all die virtuellen Glückwünsche und analogen Geschenke: "Ich danke Gott für die Gesundheit, es bis hierhin geschafft zu haben, mit klarem Verstand, nicht sehr intelligent, aber klar im Kopf." Interviewanfragen musste er in den vergangenen Tagen zu hunderten ablehnen.

Der König auf seinem natürlichen Thron: Pelé nach dem 4:1 gegen Italien im Finale der WM 1970 in Mexiko.
Foto: imago images/Sven Simon

Pelé leibhaftig wird es noch viele Monate nicht geben können. Neben seinem schönen Alter kann er auch Vorerkrankungen ins Treffen führen. In jüngerer Zeit musste sich Pelé zahlreichen Operationen unterziehen– an einer Niere, der Prostata, der Wirbelsäule, der Hüfte. Zuletzt machte das Gerücht die Runde, er leide an Depressionen. "Ich habe meine guten wie auch meine schlechten Tage. Das ist für Menschen in meinem Alter normal", sagte der heutige Jubilar dazu. Der Tod seines Bruders Jair (77), genannt Zoca, im März traf ihn schwer.

König aus "Drei Herzen"

Edson, wie er angeblich in Anlehnung an den Erfinder Thomas Alva Edison genannt wurde, kam als erstes der drei Kinder von Maria Celeste Arantes und João Ramos do Nascimento im damals noch kleinen Städtchen Três Corações im Bundesstaat Minas Gerais zur Welt. "Drei Herzen", jeweils gut 300 Kilometer von São Paulo und Rio de Janeiro entfernt, nennt sich heute stolz Terra do Rei Pelé.

Der größte Sohn der Stadt war aber lange Zeit gar nicht froh über seinen Rufnamen, soll er doch von eigener fehlerhaften Aussprache des Namens eines Torhüters (Bilé) herrühren, den der kleine Edson inbrünstig verehrte.

Dank seines Talents, das ein wenig auch vom Vater kam, den nur eine Verletzung an der Profikarriere gehindert hatte, wurde Pelé zum Schrecken der Torhüter. Der jüngste Torschütze in einem WM-Finale – 1958 in Schweden traf er beim 5:2 gegen die Gastgeber mit 17 Jahren und 249 Tagen zweimal – sollte es in 1363 Spielen auf 1281 Tore bringen. Zwangsläufig sammelte Pelé zahllose Titel. Mit seinem Stammverein, dem FC Santos, für den er von 1956 bis 1974 spielte, und mit Cosmos in New York, wo der von einem Geschäftspartner betrogene Star aus schierer Geldnot gelandet war und für einen regelrechten, staatenübergreifenden Fußballboom sorgte.

Pelé dankte für die Geburtstagswünsche quasi aus dem Homeoffice.
Foto: AFP/FRAGA

Die Schwierigkeit

Am 1. Oktober 1977, nach mehr als 21 Jahren als Profi, war dann Schluss für Pelé, der die Seleção seines Landes dreimal (1958, 1962, 1970) zur Weltmeisterschaft geführt und in insgesamt 92 Spielen geschmückt hatte. Mit 77 Treffern ist er bis heute der Rekordtorschütze Brasiliens. Ein Titel, der durch den 28-jährigen Neymar, der bisher 64-mal traf, schwer gefährdet ist.

Ohnehin zählt in der Erinnerung der Menschen aber nicht wie oft, sondern wie Pelé ins Schwarze getroffen hat. "Das Schwierige ist nicht, tausend Tore zu schießen wie Pelé, sondern ein einziges wie Pelé", umschrieb der Lyriker Carlos Drummond de Andrade, was kaum zu Beschreiben ist.

Die Kunst des Fußballers überstrahlt bis heute die fragwürdigen, mitunter auch peinlichen Unternehmungen des Ex-Fußballers. Pelé, von einer Kindheit in Armut geprägt, versilberte seinen Ruf als Sänger, Schauspieler, Sportminister und Unternehmer, die Rolle als Botschafter des Fußballs kleidete ihn noch am besten. Dass ihm noch mit 73 Jahren angeboten wurde, die Seleção nach dem 1:7 gegen Deutschland im Halbfinale der Heim-WM 2014 aufzurichten, zeugt einerseits für die Panik der Verantwortlichen, andererseits aber für den Ruf des Wundertätigen, den Pelé bis heute in seiner Heimat genießt.

Ihn kennt jedes Kind

Selbst hat der Vater von sieben Kindern, der in dritter Ehe mit Márcia Cibele Aoki (56) verheiratet ist, ohnehin nie das Licht Pelés, den er stets vom Menschen Edson getrennt gesehen haben wollte, unter den Scheffel gestellt. Anekdoten wie jene von einem Treffen im Weißen Haus gefallen da besonders. "Angenehm, ich bin Ronald Reagan", soll der damalige US-Präsident gesagt haben, nachdem Pelé bei ihm vorgesprochen hatte, "aber Sie brauchen sich nicht vorzustellen. Jedes Kind weiß, wer Sie sind." (Sigi Lützow, 23.10.2020)