Wenn es draußen kalt wird, beginnt für obdachlose Menschen eine gefährliche Zeit. Das Übernachten im Freien wird nicht nur gesundheitsgefährdend, sondern mitunter lebensbedrohlich. Seit elf Jahren fährt die Stadt Wien deshalb die Unterstützungsleistungen im Winter hoch. Auch heuer wurde wieder das sogenannte "Winterpaket" geschnürt, das eine Aufstockung der Plätze in Notschlafstellen vorsieht.
Von Ende Oktober bis Ende April werden 900 zusätzliche Plätze in den Einrichtungen, mit denen der Fonds Soziales Wien (FSW) kooperiert, geschaffen. Insgesamt stehen damit dann rund 1.600 Plätze zur Verfügung.
Maskenpflicht in Innenräumen
Es werden somit in etwa gleich viel Plätze vorhanden sein wie während des vorjährigen Winters. Man habe sich auch heuer an den bisherigen Kapazitätsplanungen orientiert, bestätigt der FSW im Gespräch mit dem STANDARD. Ob man damit trotz Corona-bedingt neu entstandener Sicherheitserfordernisse auskomme? Man gehe davon aus, dass die notwendigen Sicherheitsvorkehrungen in den einzelnen Einrichtungen eingehalten werden können – dafür hätten die einzelnen Partnerorganisationen Sorge getragen, heißt es seitens des FSW.
Zudem würden in Innenräumen auch Vorkehrungen wie etwa die Maskenpflicht gelten, sagt ein Sprecher. Man könne zudem spontan reagieren, sollte mehr Platz benötigt werden. Die Auslastung der Quartiere lag letztes Jahr bei durchschnittlich 83 Prozent.
Mehr Platz wird für den Aufenthalt untertags geschaffen: Erstmals stellen alle Quartiere auf 24-Stunden-Betrieb um, wie Sozialstadtrat Peter Hacker (SPÖ) am Freitag ankündigte. Bereits im Frühling wurde dieses Angebot ausgeweitet, nun wird es flächendeckend umgesetzt. Die Räume kommen zu den bereits bestehenden Tageszentren hinzu.
Zwist in Notschlafstelle
Teil des Winterpakets ist auch ein Quartier in der Apollogasse. Sieben ehemalige Sozialarbeiter erheben hier gegen den Träger, das Rote Kreuz, Vorwürfe: Sie führen die Tatsache, dass sie nicht wie in den letzten Wintern dort eingestellt wurden, auf ihr politisches Engagement zurück. Denn ihre einzige Gemeinsamkeit sei der Besuch einer Kundgebung gegen prekäre Arbeitssituationen im Sozialbereich. Noch im Sommer sei ihnen die Anstellung in Aussicht gestellt worden.
In der Tat wurden die Betroffenen Ende Juli – als das wegen Corona verlängerte Winterpaket auslief – noch um die Zusendung der privaten Mail-Adressen gebeten, damit man sie im Herbst "leichter erreichen" könne, "wenn es losgeht". Im September erhielten sie dann von ihrem ehemaligen Chef eine Absage – die E-Mail liegt dem STANDARD vor. Dort heißt es: "(...) Aufgrund mir nicht im Detail bekannter Vorfälle und Ereignisse ist eine Absage durch die Bereichsleitung an mich herangetragen worden."
Das Rote Kreuz bestreitet, dass der Grund "politische Aktivitäten in der Freizeit" sei, diese seien "völlig irrelevant". Es herrsche zudem "keine Verpflichtung zur Wiederanstellung", zudem hätten sich allein in den letzten Monaten viel mehr Personen beworben, als man anstellen könne.
Um welche Vorfälle es sich handelt, die dem direkten Chef nicht bekannt waren und auf die die Bereichsleitung anspielte, bleibt unklar: Das seien persönliche Daten, die man nicht weitergebe. Die Sozialarbeiter kündigten für kommende Woche eine Demonstration an. (Vanessa Gaigg, 23.10.2020)