Eine Fernsehdebatte entscheidet nicht wirklich darüber, wer die US-Wahl gewinnt. Wäre es anders, dann säße heute Hillary Clinton im Oval Office: 2016 bot sie gegen Donald Trump dreimal die eindeutig bessere Vorstellung – und doch machte dann Trump das Rennen auf der Zielgeraden. Ob es ihm auch 2020 gelingt, wird man erst wissen, wenn die Wahl ausgezählt ist. Und ob die Meinungsforscher, die damals mehrheitlich daneben lagen, die Stimmung diesmal korrekt abbilden, auch das wird man abwarten müssen.

Trump-Anhängerin in Nashville, Tennessee, USA.
Foto: EPA/MARIO CRUZ

Eines aber ist offenkundig: Trump selbst spürt, dass es nicht er, sondern sein Rivale Joe Biden ist, der den Wind in den Segeln hat. Die Angriffe, die er beim letzten TV-Duell gegen ihn startete, waren denn auch von einem Hauch der Verzweiflung umweht. Einstweilen ist der Versuch gescheitert, Biden als Verkörperung einer korrupten, geldgierigen Politikerkaste zu porträtieren. Der Herausforderer hat die Attacken viel souveräner pariert, als ihm Skeptiker zugetraut hatten.

Bei alledem gibt es ein Faktum, das Trump nicht aus der Welt schaffen kann, sosehr er sich auch bemüht, so viele Nebelkerzen er auch zündet: Die Corona-Pandemie bleibt für eine Mehrheit der Amerikaner das entscheidende Thema. Die verbalen Beruhigungspillen des Amtsinhabers wirken angesichts der ernüchternden Realität und seines bisherigen Versagens beim Krisenmanagement wie nutzlose Voodoo-Medizin. Und daran dürfte sich bis zum Wahltag kaum etwas ändern. (Frank Herrmann, 23.10.2020)