Es war ein Hauch von Ibiza, der am Freitagnachmittag durch das Landesgericht Krems geweht hat.

Foto: Michael Möseneder

Krems – Es war ein Hauch von Ibiza, der am Freitagnachmittag durch das Landesgericht Krems geweht hat. Gelegen hat dies allerdings nicht an den im Schwurgerichtssaal eher unterkühlten Temperaturen, sondern an der Zeugenaussage des mutmaßlichen Ibiza-Video-Protagonisten und Drahtziehers Julian H. in einem Verleumdungsprozess. Für das Jacken tragende Publikum zu sehen war der Sicherheitsmann während der Befragung allerdings weitgehend nicht.

Videoschaltung in Gerichtssaal

Das lag daran, dass der angebliche Oligarchennichten-Begleiter per Videokonferenz zugeschaltet worden war. Er wird per internationalem Haftbefehl gesucht. Für ihn gilt die Unschuldsvermutung.

Die Leinwand mit dem Bildsignal wurde in Richtung des Schöffengerichts gedreht, für Beobachter war H. daher lediglich hologrammartig als Spiegelbild einer Corona-bedingt montierten Plexiglaswand zu sehen.

Für 13.30 Uhr angekündigt, startete die von mehreren Medienvertretern mit Spannung erwartete Zeugenbefragung um 14.30 Uhr. H. sprach mehr als eineinhalb Stunden mit Kopfhörern im Ohr, meist bedacht in ruhigem Tempo und mit sonor anmutender Stimme. Auffällig war der schlechte Ton. Besonders bei den eher heiklen Stellen hieß es für das Auditorium "Ohren spitzen" – eine Parallele zum Ibiza-Video.

Prozessinhalt

Im Mittelpunkt des Verfahrens steht ein mutmaßlicher Industriespionagefall im Umfeld des Bahnbaumaschinen-Herstellers Plasser & Theurer (PT). Der nun angeklagte Ex-Sicherheitsberater hatte 2016 Selbstanzeige erstattet und darin den Vorwurf erhoben, dass ein österreichisches Konkurrenzunternehmen von ihm und seinem Team ausspioniert worden sei. Die Staatsanwaltschaft Krems nahm daraufhin Ermittlungen gegen 13 Beschuldigte auf – darunter auch zwei Chefs des Traditionsunternehmens.

Die Ermittlungen gegen die PT-Chefs und weitere Personen wurden eingestellt, ein Fall wurde diversionell erledigt. Die Staatsanwaltschaft klagte den Niederösterreicher daraufhin wegen Verleumdung und Vortäuschung einer mit Strafe bedrohten Handlung an. Zu beiden Vorwürfen bekannte sich der 48-Jährige beim Auftakt des Prozesses im Oktober – ebenso wie zu einem angelasteten Betrug – nicht schuldig. Bezüglich der ebenfalls angeklagten grob fahrlässigen Beeinträchtigung von Gläubigerinteressen bekannte er sich schuldig.

Der ehemalige Sicherheitsberater soll früher mit Julian H. zusammengearbeitet haben. Letzterer bekräftigte am Freitag, dass sein Sicherheitsunternehmen "sicher nie irgendeine Observation" gemacht habe. Wenig überraschend kam das Ibiza-Video bei der Befragung selbst nicht zur Sprache. Nach der Einvernahme von Julian H. endete der zweite Verhandlungstag. Fortgesetzt wird das Verfahren am 6. November. (APA, red, 23.10.2020)