Glaubt man einem internen E-Mail der Grünen Jugend, ist es um das Koalitionsklima nicht besonders gut bestellt

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Ein Hundstrümmerl zum Nationalfeiertag könnte für einen authentischen Einblick in das Koalitionsklima gesorgt haben. Denn der Haufen Hundekot, den die Grüne Jugend am Nationalfeiertag auf Facebook veröffentlicht hat, führte zu hektischen Telefonaten und E-Mails zwischen der Bundespartei und ihrer unabhängigen Jugendorganisation. Dem STANDARD liegt ein internes Rundschreiben vor, das Naomi Sametinger, Sprecherin der Grünen Jugend, an die Landesorganisationen der Parteijugend verschickt hat. Von dort gelangte es zu zahlreichen Mitgliedern der Grünen Jugend. In der E-Mail beschreibt Sametinger, warum das provokante Hundekot-Posting wieder offline genommen wurde.

"Sehr nervös"

Überzeugt habe sie ein Gespräch mit "Angela" – gemeint ist die grüne Bundesgeschäftsführerin Angela Stoytchev –, das am Montag um circa 18 Uhr stattgefunden haben soll. Zu dieser Zeit wurde schon in zahlreichen Medien über das Posting berichtet. In der Partei sei man "sehr nervös, weil die ÖVP im kompletten Kriegsmodus" sei. Deshalb solle man mit dem Posting "da nicht allzu viel Angriffsfläche" bieten. Es gehe Stoytchev aber "gar nicht so sehr um den Inhalt", als "eben um die Situation". Und die sei wie folgt: "Die ÖVP will einen Lockdown, und die Grünen sind da ziemlich am Ende und entsprechend nervös."

Spannungen in der Koalition

Stoytchev weist strikt von sich, dass diese Zitate gefallen seien. Vom STANDARD darauf angesprochen, ob sie die von Sametinger kolportierten Aussagen getätigt habe, sagt Stoytchev: "Die Antwort lautet kurz und klar – und einigermaßen baff: Nein." Sie habe "keinen der zitierten Inhalte zu Frau Sametinger oder sonst jemandem gesagt, geschrieben oder sonst wie kommuniziert". Der Pressesprecher der Grünen Jugend sagte dem STANDARD, er könne die Nachrichten "nicht bestätigen", da sie ihm nicht vorliegen. Aber: "Meines Wissens ist kommuniziert worden, dass die politische Lage insgesamt angespannt ist, weil die gesundheitliche Situation sehr ernst ist." Das Posting sei "wegen des rechten Shitstorms" entfernt worden.

Tatsächlich soll es innerhalb der Koalition zu Spannungen zwischen dem Team rund um Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne) gekommen sein. So sagte Kurz am Wochenende erneut, er habe schon länger auf restriktive Maßnahmen gedrängt. Am Montagabend nannte er auf Puls 4 die Zahl von 6.000 Infizierten als Maßstab für einen erneuten Lockdown, der aber die "ultimative Maßnahme" sei. (Fabian Schmid, 27.10.2020)