Kinder-Influencer, also Social-Media-Stars, die teils noch im Kindergarten- und Volksschulalter sind, haben sich in den letzten Jahren zu einem Phänomen entwickelt. 2018 und 2019 erzielte etwa "Ryan's World", dessen Star der neunjährige Ryan Kaji ist, den meisten Umsatz unter allen Youtube-Kanälen. In Frankreich wurde als Reaktion auf die Entwicklung mittlerweile ein eigenes Gesetz beschlossen, das unter anderem festschreibt, dass ein Teil der Einnahmen auf einem Treuhandkonto verwahrt werden muss und den Kinderstars erst ab dem 16. Geburtstag zur Verfügung steht.

Forscher sorgen sich nun aber auch um eine andere Entwicklung in diesem Segment. Wie eine im Fachjournal "Pediatrics" veröffentlichte Studie zeigt, vermarkten die jungen Content-Creator häufig ungesunde Nahrungsmittel für ihre Altersgenossen, schreibt CNN.

Starke Junkfood-Präsenz

"Wir sollten Youtube-Influencern mit Skepsis begegnen, auch wenn es um Videos geht, die lehrreich oder kindertauglich wirken", sagt Marie Bragg, die leitende Autorin der Studie, die an der New York University und dem Langone Medical Center tätig ist. Die Wissenschafter haben 418 Clips untersucht, die von Influencern im Alter von drei bis 14 Jahren ins Netz gestellt wurden. Dabei hielt man verschiedene Aspekte fest, etwa ob das Kind Spielzeug zeigte, ob und welches Essen es aß und wie viel Zeit für die jeweilige Aktivität aufgewendet wurde.

In 179 der Videos wurde Essen oder Getränke konsumiert. Und in circa 90 Prozent dieser Aufnahmen – oder mehr als jedem dritten Video der Gesamtauswahl – handelte es sich um ungesunde Nahrung, etwa Fastfood und stark zuckerhaltige Getränke. Zusammengerechnet kamen die Beiträge auf über eine Milliarde Aufrufe.

Ein problematisches Video von "Ryan's World".
Ryan's World

Schleichwerbung

Für Eltern sei dies eine besondere Herausforderung, sagt Bragg. Man denkt, das eigene Kind schaue einfach nur einem anderen dabei zu, wie es draußen spielt, und erwartet nicht, dass ihm plötzlich Hühnernuggets angepriesen werden. Dies müsse aufhören, zumal die Praxis solch versteckter Werbung über vertraute Persönlichkeiten im Fernsehen längst verboten ist.

Erschwerend kommt hinzu, dass gerade kleine Kinder die Youtube-Stars oft als eine Art Freunde ansehen und dann besonders stark nach dem Kauf der gezeigten Produkte verlangen, heißt es von der Campaign for a Commercial-Free Childhood. Bereits die häufig vorkommenden "Unboxing"-Videos, in denen die jungen Cyber-Prominenten etwa neues Spielzeug auspacken und kommentieren, seien mitunter hart an der Grenze zur Werbung. Die jungen Influencer würden häufig als "Schleichwerber" agieren.

Gesetzliche Einschränkungen gefordert

Die American Academy of Pediatrics fordert einen neuen "Ethikkodex" für Kinderinhalte. Nur weil das digitale Ökosystem für Erwachsene massiv auf Werbung setzt, müsse das nicht beim Nachwuchs auch so sein. Kinder würden zum Ziel von Marketingkampagnen, ohne zu realisieren, dass Videos, die sie ansehen, eigentlich Werbung sind.

Einen Gesetzesvorstoß zur Reglementierung in den USA gibt es bereits. Die demokratischen Senatoren Ed Markey und Richard Blumenthal haben im März den Kids Internet Design and Safety Act vorgestellt. Dieser baut auf einem Gesetzespaket von 1998 auf und soll Kinder vor Influencer-Marketing schützen und auch weitere Maßnahmen setzen.

Webseiten dürften dann nicht mehr Videos bewerben, in denen Produkte direkt an Kinder vermarktet werden. Auch dürften an junges Publikum keine Clips mehr empfohlen werden, in denen Nikotin, Tabak oder Alkohol vorkommen. Portale, die sich an diese Altersgruppen richten – etwa Youtube Kids –, müssten dann auch die Autoplay-Funktion, die nach dem Ende eines Videos automatisch den nächsten Clip startet, deaktivieren und dürften auch keine Push-Benachrichtigungen mehr verschicken. (red, 27.10.2020)