Selbst Großbetriebe wie die Hotel-Gruppe Sacher könnten sich ihrer Verluste mit dem Fixkostenzuschuss großteils entledigen, meint Paul Pichler.

Foto: APA/Hans Punz

Die steigenden Infektionszahlen bremsen die Erholung der Wirtschaft, und dem Wintertourismus droht wegen der Reisewarnungen wichtiger Herkunftsländer die Katastrophe. In dieser Abwärtsspirale wird bei etlichen Unternehmen viel davon abhängen, wie ihnen der Staat unter die Arme greift.

Bei den Hilfen wiederum hängt viel davon ab, wie hoch direkte Zuschüsse ausfallen. Denn Stundungen und Kreditgarantien sorgen zwar für Liquidität, ändern aber nichts daran, dass die Verluste das Eigenkapital anknabbern und Insolvenzen drohen. Bei den Zuschüssen hat die EU-Kommission, die für die Genehmigungen von Beihilfen zuständig ist, ein gewichtiges Wörtchen mitzureden.

Schlagabtausch mit EU

Nach einem heftigen Schlagabtausch zwischen Finanzminister Gernot Blümel (ÖVP) und dem Vertreter der Behörde in Wien, Martin Selmayr, wurde letztlich ein Kompromiss zwischen Brüssel und Wien gefunden. Kernpunkte der Regelung: Die EU-Kommission erlaubt Zuschüsse von drei Millionen Euro – Blümel hatte fünf Millionen je Betrieb gefordert. Die EU-Kommission beharrt zudem darauf, dass kleine Unternehmen maximal 90 Prozent der ungedeckten Fixkosten erhalten, große bis zu 70 Prozent.

Gernot Blümel hat Martin Selmayr erklärt, dass man die Linie der EU-Kommission nicht gutheiße.
Foto: HO

Nun stellt sich die Frage, ob die Unternehmen unter den restriktiveren Rahmenbedingungen das Auslangen finden können. Ja, sagt Paul Pichler vom Institut für Volkswirtschaftslehre an der Universität Wien. Er verweist darauf, dass noch weitere Förderungen möglich sind. Und in der Kombination mit weiteren Hilfsinstrumenten "erlaubt der neue Rahmen viel".

Hilfen decken das Gros ab

Betriebe kämen so auf 3,8 Millionen Euro, vorausgesetzt ihre Ausfälle sind tatsächlich entsprechend hoch. Derart hohe Unterstützung würde die Verluste im klein strukturierten Tourismus in der überwiegenden Zahl der Fälle abfedern, so Pichler im Gespräch mit dem STANDARD. Durch spezifische Regelungen für Branchen mit besonderen Einbußen könnten weitere Hilfen beansprucht werden. Als Beispiele werden die Veranstalter und eben der Tourismus genannt.

Dass die EU-Kommission hier nicht automatisch Njet sagt, zeigt das dänische Beispiel. Das Land erhielt im Juli eine Genehmigung für die Sonderförderung für Unternehmen, die von den Beschränkungen von Events betroffen sind. Brüssel akzeptierte eine Sonderhilfe von bis zu acht Millionen Euro pro betroffenen Betrieb. Belgien wiederum hat ein eigenes Förderprogramm für die angeschlagenen Beherbergungsbetriebe aufgelegt. Angesichts der Reisebeschränkungen wäre es laut Pichler durchaus denkbar, für die Hotellerie und andere Branchen in Österreich vergleichbare Sonderregelungen zu treffen.

Große und Kleine

Doch auch ohne Extrawurst könnten die Betriebe auf eine ansehnliche Unterstützung hoffen, meint der Experte und rechnet folgendes Beispiel durch: Ein großes Unternehmen verzeichnet wegen Corona einen Umsatzeinbruch um fast 90 Prozent auf zehn Millionen Euro und fährt einen ebenso hohen Verlust ein. In diesem Fall würden die Fixkostenzuschüsse I (er wird bereits ausbezahlt) und II gut 5,1 Millionen Euro ausmachen.

Hohe Kosten durch Einkauf und Lagerhaltung, aber kaum Erlöse: Solche Belastungen sollen durch den Fixkostenzuschuss kompensiert werden.
Foto: APA/HARALD SCHNEIDER

Bei einem kleinen Unternehmen (unter 50 Mitarbeitern) mit gleich hohem prozentuellem Erlösrückgang und einem Verlust von einer Million Euro würde die Unterstützung bei 956.000 Euro zu liegen kommen. Damit wäre die Hilfe in Relation zum negativen Ergebnis deutlich größer als beim ersten Beispiel, bei dem die Obergrenze beim Fixkostenzuschuss II von drei Millionen Euro die Unterstützung stark limitiert.

Hilfen nur bei Verlusten

Auch aus der Beratungsbranche heißt es, dass die erlaubten Hilfen beachtlich seien. "Der Rahmen der EU-Kommission ist einerseits eine positive Entwicklung, da die Förderung mit drei Millionen Euro höher ausfallen darf als ursprünglich angekündigt" sagt Stephanie Novosel, Steuerberaterin bei BDO. Allerdings gebe es einen Wermutstropfen, da de facto nur Verluste abgedeckt werden. "Es haben aber auch viele Unternehmen, die Gewinne erzielen, auf einen Fixkostenzuschuss II gehofft", betont Novosel. Voraussetzung für die Hilfe wäre laut ursprünglicher Richtlinie des Finanzministeriums ein Umsatzrückgang von 30 Prozent gewesen.

In der Warteschleife

Doch bevor die Unternehmen genauere Rechnungen anstellen können, bedarf erst einer neuen Richtlinie des Finanzministeriums zum Fixkostenzuschuss II. Derzeit gibt es erst einen Entwurf, der noch mit der EU-Kommission abgestimmt werden soll. Ende der Woche will man klarer sehen. Von der Antwort aus Brüssel hänge auch ab, ob es zu Sonderprogrammen für besonders betroffene Branchen wie Reisebüros, Hotels und Veranstalter kommen werde, heißt es aus dem Finanzministerium. (Andreas Schnauder, 28.10.2020)