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Kann nach dem Footballspiel auch Olympia auf der Couch ansehen: Christian Coleman.

Foto: APA/AFP/GETTY IMAGES/Harry How

Was genau Christian Coleman noch fix bei Walmart einkaufte, bevor sich der schnellste Mann der Welt am 9. Dezember 2019 zu Hause in Lexington einen gemütlichen Football-Abend auf dem Sofa machen wollte, ist nicht bekannt. Aber dafür die exakten Uhrzeiten. Um 19.53 Uhr bezahlte der 100-m-Weltmeister jedenfalls geräucherte Chilis, dann shoppte er noch 16 weitere Dinge – laut Quittung um 20.22 Uhr. Und genau das ist jetzt ein riesiges Problem für Coleman – und damit auch für die Leichtathletik.

Denn mit Coleman droht der Topfavorit auf 100-m-Gold die Olympischen Spiele in Tokio zu verpassen – wegen Verstößen gegen die Anti-Doping-Regeln ist der US-Amerikaner vom Leichtathletik-Weltverband World Athletics (WA) für zwei Jahre gesperrt worden. Zwei verpasste Tests vom 16. Januar und 9. Dezember 2019 werden ihm zur Last gelegt, zudem habe Coleman am 26. April 2019 einen Meldeverstoß begangen.

Nicht lernfähig

Der Sprint-Bad-Boy sorgt damit wie im Vorjahr erneut für riesigen Wirbel, beteuert jedoch seine Unschuld. Sein Agent Emanuel Hudson bezeichnete das Urteil als "unglücklich". Coleman habe darüber hinaus "nichts weiter zu sagen, bis die Angelegenheit vor dem zuständigen Gericht verhandelt werden kann",

Coleman – schon wieder. Bei der WM in Doha vor einem Jahr durfte der 24-Jährige nur wegen eines Formfehlers starten, nachdem er drei "missed tests" hatte. Ein Meldepflichtverstoß wurde nachträglich umdatiert und fiel damit nicht innerhalb des Zeitraums von zwölf Monaten. Coleman holte Gold, zeigte hinterher wenig Reue – und hat offenbar nur wenig aus dem Schock gelernt.

Shop till you drop!

Jedenfalls sollte Coleman, mit seinen 9,76 Sekunden die Nummer sechs der ewigen Weltbestenliste über 100 m, den Anti-Doping-Jägern an diesem 9. Dezember 2019 zwischen 19.15 und 20.15 Uhr für eine Probe zur Verfügung stehen, so hatte es Coleman im Meldesystem für Dopingkontrollen (Adams) angegeben. Die Kontrolleure Brian George und Erin Freese standen auch vor Colemans Tür, klingelten alle zehn Minuten – doch Coleman war ja shoppen für das anstehende Weihnachtsfest bei Walmart.

"Die Konsequenzen für einen Athleten, der drei 'missed tests' begangen hat, sind drakonisch", hieß es in der Urteilsbegründung im Fall des Wiederholungstäters Coleman: "Doch anstatt aus seinen Erfahrungen (...) zu lernen, kann man die Einstellung des Athleten zu seinen Verpflichtungen im besten Fall als völlig unvorsichtig, im schlimmsten Fall sogar als rücksichtslos bezeichnen."

Unstimmigkeiten

Coleman gab in einer Befragung zu Protokoll, dass er am 9. Dezember 2019 zwischen seinen beiden quittierten Einkäufen kurz vor 20.15 Uhr wieder zu Hause gewesen sei – schließlich habe er den Beginn des Footballspiels (20.15 Uhr) gesehen. Die Kontrolleure hätten laut Coleman kurz vor dem Ablauf der Anwesenheits-Pflicht seinen Wohnort wohl wieder verlassen, man habe sich knapp verpasst. Allerdings machte Kontrolleur Brian George um 20.21 Uhr noch ein Foto von dem Gebäudekomplex in dem Coleman lebt.

Und ohnehin sei es "schlicht unmöglich", dass Coleman nach seinem Einkauf um 19.53 Uhr nach Hause fuhr, parkte, den Beginn des Football-Spiels (20.15 Uhr) schaute und um 20.22 Uhr schon wieder etwas bezahlte – auch wenn Walmart nicht weit entfernt liegt von Colemans Wohnung.

Wenn der CAS die Sperre gegen Coleman bestätigt, könnte er ab dem 14. Mai 2022 wieder laufen – gerade rechtzeitig für eine Titelverteidigung bei der Heim-WM in Eugene. (sid, 28.10.2020)