Poldi Wojteks Plakatentwurf für die Salzburger Festspiele 1928.

Foto: Festspiel-Archiv/Repro: Salzburg Museum

Ursprünglich war er als Plakat gedacht, doch dann gefiel Max Reinhardt der Entwurf der jungen Grafikdesignerin Leopoldine "Poldi" Wojtek so gut, dass er ihn zum Logo der Salzburger Festspiele machte. Das war 1928. Zehn Jahre später tauschten die Nationalsozialisten das Logo aus. Nichts sollte an den Festspielgründer und Juden Reinhardt erinnern. Ein nackter, muskulöser Mozart mit Lyra in der Hand ersetzte Maske, Schloss und die rot-weiße Salzburger Fahne. Die konstruktive Strenge musste Kitsch weichen. Erst 1945 griff man wieder auf Wojteks Entwurf zurück, der bis heute in leicht adaptierter Form als Logo der Festspiele gilt und um den eine Kontroverse entbrannt ist.

Wojtek war nämlich von 1932 bis 1941 mit dem Nazi Kajetan Mühlmann verheiratet, einem der "Top-drei-Kunsträuber des Naziregimes", wie es Historiker Oliver Rathkolb bei der Präsentation des Gutachtens formulierte, das die Salzburger Festspiele bei ihm beauftragt hatten.

Recherchen von Memory Gaps

Nach Recherchen der Initiative Memory Gaps waren die Festspiele unter Zugzwang geraten und hatten Rathkolb und die Designhistorikerin Anita Kern um Studien gebeten. Deren Resümee: Wojtek sei später eindeutig eine Profiteurin des Naziregimes gewesen, eine Nähe zu dessen Ästhetik weise das Logo aber nicht auf. Vielmehr erinnere es an die Wiener Flächenkunst um 1900. Erst im Laufe der 1930er-Jahre griff Wojtek etwa bei der Illustration einer Hitler-Biografie für Kinder auf die Formensprache der Nationalsozialisten zurück.

Ihr späterer Mann, der Kunsthistoriker und SS-Mann Mühlmann, verschaffte Wojtek immer wieder Aufträge. Auch beim Zuschlag für den Plakatwettbewerb hatte der bei den Festspielen im Bereich Werbung beschäftigte Mühlmann seine Finger im Spiel. Entgegen früherer Darstellungen, so Rathkolb, habe Wojtek den ausgeschriebenen Wettbewerb gar nicht gewonnen. Es war Mühlmann, der für seine damalige Freundin "nachbesserte", damit sie den Zuschlag bekam.

Reinhardt nicht in Jury

Noch eine weitere Annahme verwies Rathkolb in das Reich nachträglicher Geschichtsfälschung: Festspielleiter Max Reinhardt sei 1928 nicht in der Jury des Plakatwettbewerbs gesessen.

Formal sei Wojtek nie Mitglied der NSDAP gewesen, eine Nähe zur NS-Ideologie zeige sich aber bei dem aktiv betriebenen Entzug und Erwerb des Hauses der jüdischen Malerin Helene von Taussig. Hier habe Wojtek "zutiefst unanständig" agiert, so Rathkolb. Wie viele andere Künstlerinnen sei auch sie "im Zeitgeist und im männlich dominierten, autoritären Kunstbetrieb gefangen gewesen". So wichtig die Aufarbeitung ihrer Geschichte und jene ihres Plakatentwurfs sei, eine Notwendigkeit, das Logo infrage zu stellen, sehe er aber nicht. Im Gegenteil: Rathkolb warnte bei der Präsentation der Gutachten vor "Geschichtsauslöschung".

Symposium im Sommer

Diese Position vertritt auch das Direktorium der Festspiele. Präsidentin Helga Rabl-Stadler betonte, dass das Logo aus dem Geist der Kunstgewerbeschule und nicht des Nationalsozialismus entstanden sei: "Es ist ein gutes, zeitloses Logo." Man werde die Ergebnisse der Gutachten auf der Webseite der Festspiele präsentieren und kommenden Sommer ein Symposium abhalten, bei dem man sich den "dunklen Kapiteln" der Festspiele widmen werde. "Wir müssen mit unserer Vergangenheit offen, aufrichtig und ehrlich umgehen", forderte auch Intendant Markus Hinterhäuser, sie verschwinden zu lassen könne aber keine Lösung sein. (Stephan Hilpold, 29.10.2020)