Die Firmenweihnachtsfeiern fallen heuer aus.

Chefs müssen heuer kein Auge zudrücken, wenn der eine oder andere während der Weihnachtsparty zu tief ins Gläschen blickt. Mitarbeiter müssen sich heuer sicher nicht fragen, ob der Parkettfeger nach Mitternacht – befreit von Krawatte und Sakko – nicht vielleicht doch zu peinlich war. Firmen können schon jetzt einen definitiven Sparposten notieren. Denn große Weihnachtsfeiern fallen heuer aus.

Für Spitzenmanager und Führungskräfte heißt das, dass ihre traditionelle Weihnachtsansprache noch viel wichtiger und viel heikler wird. Darauf liegt die Aufmerksamkeit. Dass die meistens angenehme Gratisverköstigung, garniert mit den üblichen Chef-Phrasen wie "es war ein herausforderndes Jahr, aber wir haben alle ... und wollen künftig ...", "im Übrigen danke ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern ...", heuer entfällt, ist eine Sache.

Die große andere Sache ist, dass gerade jetzt Antworten und richtungsweisende Statements erwartet werden, die nicht zu liefern sind. Und dass gerade jetzt eigentlich ein interner Schwung benötigt wird, für den kaum mehr Energie da ist, weil die Belegschaft gespalten ist in Erschöpfte, die über alle Maßen gehackelt haben, und in solche, die im Homeoffice den Kopf eingezogen haben und haltgemacht haben, wenn etwas angeschafft wurde. Angst um den Job, um die Familie, die Kinder, das Gefühl, nicht mehr lange so weitermachen zu können, eint wohl beide Gruppen. Führungskräfte in der Mitte wissen oft auch nicht mehr weiter, wissen nicht, wie sie virtuell eingetretene Mitarbeiter wirklich reinholen können, wie sie auf die diversen Lebensumstände und Befindlichkeiten eingehen sollen – in denen sie selbst ja auch stecken.

Was sagt das Spitzenmanagement also in der weihnachtlichen Rede an die Belegschaft?

Eigentlich gibt es nur eine Devise: echt, ehrlich und authentisch sein. Denn das ist spürbar. Wer vorher Patriarch war, braucht jetzt keine Gefühlsfloskeln auswendig lernen. Wo bis jetzt Kommandoton üblich war, dort wird wohl Süßholzraspeln nicht glaubhaft sein. Unschönes beschönigen, das kauft auch niemand mehr ab.

Besser ist es allemal, die Türen zu öffnen, sich berührbar zu machen und zu zeigen, dass man als Chefin und Chef da ist – mit all dem Druck, der auch auf diesen Schultern liegt. (Karin Bauer, 2.11.2020)