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Die türkis-grüne Regierung wird am Samstag neue Maßnahmen verkünden.

Foto: Reuters

Die guten Nachrichten zuerst: Wir wüssten heute viel mehr über das Virus, das mache das Handeln einfacher, sagen Kanzler Sebastian Kurz (ÖVP) und Gesundheitsminister Rudolf Anschober (Grüne). Auch die Dunkelziffer sei heute geringer. Und eine massentaugliche Impfung liege inzwischen in näherer Ferne. Ansonsten heißt es in der Krise jetzt dennoch sprichwörtlich: zurück zum Start. Wir stecken wieder genauso tief drin wie im Frühjahr vor dem Lockdown – mindestens.

Neue Regeln ab kommender Woche

Am Samstag wird die Regierung bekanntgeben, welche weiteren Verschärfungen zur Eindämmung der Pandemie bevorstehen. Zuvor treffen Kanzler und Minister am Freitag die Sozialpartner, am Samstag führen sie Gespräche mit den Parlamentsparteien und den Landeshauptleuten. Grund für den erst am Wochenende stattfindenden Termin ist, dass für die Verschärfungen teilweise der Hauptausschuss des Nationalrats benötigt wird. Darüber hinaus sollen am Samstag bereits fertige Verordnungen vorliegen. In Kraft treten werden die Neuregelungen dann im Laufe der kommenden Woche – so der Plan.

Schon seit Tagen und Wochen wird über einen partiellen Lockdown spekuliert. Von Einschränkungen in der Gastronomie ist die Rede. Es gehe auch um die Reduktion von Kontakten. Die Regierung selbst bleibt vage und verweist auf den Samstag. Am Donnerstag standen eine mögliche Ausgangssperre bei Nacht und Homeschooling für Oberstufenschüler im Raum.

Angesichts der Situation bewertet die Corona-Ampel-Kommission Donnerstagabend erstmals Österreich in seiner Gesamtheit – und stuft das ganze Land auf Rot. Es wird aber auf anderen Ebenen noch weiter differenziert: Von den Bundesländern werden nämlich nur acht auf Rot gestellt – alle außer Kärnten. Auf Bezirksebene bleiben es 16 Bezirke, die nicht rot leuchten, also in die höchste Corona-Warnstufe rutschen.

4.453 neue bestätigte Fälle

Fest steht: Corona lässt sich ohne weitere Maßnahmen derzeit nicht bremsen. Die Corona-Betten in den Spitälern füllen sich, die Zahl der Intensivpatienten steigt, die Aufklärungsquoten in der Fallnachverfolgung sinken. Am Freitag wurden 4.453 neue Corona-Fälle bestätigt. Es geht fast täglich hinauf. Wir stünden derzeit in etwa bei einer Verdoppelung der Positivtestungen innerhalb einer Woche, sagt der Kanzler. Das sei viel zu viel. Die Lage sei dramatisch, die Situation hochproblematisch, pflichtet Anschober bei.

Die Forderungen nach bundesweiten Maßnahmen werden inzwischen auch immer lauter. SPÖ-Chefin Pamel Rendi-Wagner richtet am Donnerstag einen eindringlichen Appell an die Österreicher und die Regierung. Die Bevölkerung müsse die Corona-Maßnahmen einhalten und soziale Kontakte reduzieren. Türkis-Grün fordert sie auf, "jetzt, jetzt, jetzt zu handeln". Aus heutiger Sicht müsste in spätestens zehn Tagen ein Lockdown kommen, sagt die Politikerin und Gesundheitsexpertin.

Ruf nach einheitlichen Regeln

"Die Zeit der regionalen Maßnahmen ist vorbei", heißt es auch aus dem Büro des Wiener Gesundheitsstadtrats Peter Hacker (SPÖ). Man erwarte vom Bund "einheitliche Lösungen", um das Problem in den Griff zu bekommen. Gespräche über zu treffende Vorbereitungen habe es mit dem Bund noch nicht gegeben.

Der gleiche Ruf tönt aus Innsbruck. Schon vor zwei Wochen, als Innsbruck von der Ampelkommission auf Rot geschaltet wurde, dachte Bürgermeister Georg Willi (Grüne) eine nächtliche Ausgangssperre an. Sollten vom Bund oder dem Land Tirol keine ausreichenden Maßnahmen gesetzt werden, werde man "in Innsbruck diskutieren müssen, selbst welche zu ergreifen", sagt Willi zum STANDARD. (Katharina Mittelstaedt, Gabriele Scherndl, Vanessa Gaigg, 29.10.2020)