In der Raffinerie in Schwechat produziert die OMV neuerdings weniger Flugbenzin, dafür mehr Vorprodukte für Polyethylen und Polypropylen.

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An den Folgen der Covid-19-Pandemie hat auch der Öl-, Gas- und Chemiekonzern OMV zu kiefeln, wobei Chemie für Österreichs größtes Industrieunternehmen ab sofort eine ganz andere Bedeutung hat. Akkurat am Tag der Präsentation der Quartalsergebnisse ist nämlich auch das Closing, also der Abschluss der Mehrheitsübernahme des Petrochemiekonzerns Borealis, bekanntgegeben worden.

Im März angekündigt wurde die Aufstockung der von OMV gehaltenen Anteile von 36 auf 75 Prozent. Mubadala, die Beteiligungsgesellschaft de Emirate und Verkäufer, bleibt mit 25 Prozent im Unternehmen und ist an der OMV selbst mit 24,9 Prozent beteiligt. An den Kosten der Mehrheitsübernahme – 3,8 Milliarden Euro – gab es schon im Frühjahr heftige Kritik aus der Analystenzunft.

Seele verteidigt Borealis-Aufstockung

OMV-Chef Rainer Seele verteidigte am Donnerstag einmal mehr den Deal und sprach von einer "fairen Transaktion". Bis 2025 habe man ein Synergiepotenzial von 700 bis mehr als 800 Millionen Euro identifiziert, mehr als ursprünglich gedacht.

Besonders in Schwechat sind die Synergien hoch, nachdem beide Unternehmen unmittelbare Nachbarn sind und Verbindungsleitungen direkt von der OMV zu Borealis führen. Statt Flugbenzin produziert OMV in einem eigenen Verfahren neuerdings mehr Vorprodukte für Polyethylen und Polypropylen. "Diese Produkte wird es auch noch 2050 und darüber hinaus geben", sagte Seele.

Nicht so eindeutig ist das bei Diesel und Benzin. Die Nachfrage ist infolge der Anti-Corona-Maßnahmen in Europa stark rückläufig, und die Programme zur CO2-Minderung zwingen die Autoindustrie weg von Verbrennern hin zu Elektroantrieben. Den Nachfragerückgang in Verbindung mit stark gesunkenen Rohölpreisen hat die OMV auch heftig gespürt. Von Juli bis September ist der Umsatz der Gruppe um 38 Prozent auf 3,7 Milliarden Euro eingebrochen, das operative Ergebnis war mit 607 Millionen Euro negativ.

Verkauf von Tankstellennetz in Deutschland geht voran

Nur geringfügig besser sieht es in der Langfristbetrachtung aus. Unterm Strich verbuchte die OMV in den ersten neun Monaten einen Periodenverlust von 468 Millionen Euro – nach 1,69 Milliarden Überschuss im Vergleichszeitraum 2019. Was die umstrittene Pipeline Nord Stream 2 betrifft, sieht Seele derzeit keine Notwendigkeit für ein Impairment (Wertminderung aufgrund nicht vorhersehbarer Ereignisse). 730 Millionen Euro betrage der Beitrag der OMV zur Finanzierung der Pipeline bisher. Die Fertigstellung ist aufgrund von Sanktionsdrohungen der USA ungewiss.

In der "heißen Phase" befindet sich die OMV hingegen beim Verkauf ihrer Tankstellen in Deutschland. Es lägen einige verbindliche Angebote vor, bis Jahresende soll der Verkauf über die Bühne sein.

In einem schwachen Umfeld gab die Aktie der OMV am Donnerstag zeitweise um 3,5 Prozent nach. Verantwortlich für die schwache Performance dürfte aber auch der gesunkene Ölpreis sein, sagen Analysten. Die Nordseesorte Brent gab am Donnerstag um fünf Prozent auf etwas mehr als 36 Dollar je Fass (159 Liter) nach. Grund sind die verkündeten neuerlichen Lockdowns in Frankreich und Deutschland, worunter die Nachfrage nach Treibstoffen weiter leiden dürfte. (Günther Strobl, 29.10.2020)