Die Bezirke sind zunehmend mit der Bewältigung der Pandemie überfordert. Bei privaten Feiern sollen häufig Ansteckungen passieren.

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Zu Beginn der Pandemie, im Frühling, war die Schuldzuordnung in den ländlichen Regionen noch recht einfach: Wenn Covid-19-Fälle auftauchten, waren es meist – nach Ansicht der anwohnenden Bevölkerung – die Zuag'rasten aus den Städten, die Zweitwohnsitzer, die das Virus aufs Land brachten. Mittlerweile hat sich das Bild dramatisch verändert und das Virus flächendeckend im ganzen Land ausgebreitet – auch in den ländlichen Bezirken und Gemeinden. Auch die Inzidenzzahlen, die die Fälle pro 100.000 Einwohner angeben, zeigen, dass auch ländliche Bezirke stark betroffen sind.

So stark, dass der am stärksten betroffene Bezirk Schwaz nun zumindest über eine Ausgangssperre diskutiert, wie Bürgermeister Hans Lintner (ÖVP) dem STANDARD mitteilt. Eine Quarantäne, so wie sie über Kuchl verhängt wurde, stehe derzeit aber noch nicht zur Debatte. Man hoffe, dass Maßnahmen wie diese nicht notwendig sein werden, so Lintner.

Bewusstsein geschärft

"Ich glaube, den Menschen ist es jetzt sehr bewusst, dass das Virus überall ist", sagt auch die Bezirkshauptfrau vom besonders betroffenen oberöstereichischen Bezirk Rohrbach, Wilbirg Mitterlehner. In der Rückverfolgung sei recht gut erkennbar, wo die Infektionsketten auf dem Land verlaufen. Meist sind es einige Cluster, die hohe Zahlen produzieren. Im Rohrbach etwa ein Gymnasium und eine Behinderteneinrichtung.

Ein Drittel der Fälle komme aus dem privaten Bereich, von dort, wo die Kontakte besonders eng sind. Bei der Feier nach dem Fußballmatch, bei Feiern am Wochenende, bei Stammtischen im Wirtshaus, "was natürlich Folgeerkrankungen in der Familie, bei der Gattin oder den Kindern, nach sich zieht. Aber ich habe den Eindruck, dass sich die Bevölkerung jetzt dessen bewusst ist, was auf dem Spiel steht, und bemüht ist, sich an die Regeln zu halten", sagt Mitterlehner. Alarmierend sei im Bezirk die Zahl der Hospitalisierungen. Zu Anfang der Pandemie seien bloß zwei oder drei Infizierte im Krankenhaus behandelt worden, aktuell seien es zwischen 20 und 30.

Kontrollen angekündigt

Ein ähnliches Bild zeichnet auch Christoph Schweitzer, Bezirkshauptmann der beiden ebenfalls besonders betroffenen oberösterreichischen Bezirke Eferding und Grieskirchen. Schweitzer weiß von einigen lokalen Clustern, die die Zahl der Infizierten in die Höhe getrieben haben: Ein Sportverein, ein Lokal, eine landwirtschaftliche Fachschule waren Ausgangspunkte zahlreicher Infektionen. Wie in Rohrbach seien es aber vor allem auch private Feiern, die die Zahlen nach oben führen. Nur: "Viele sind oft nicht mehr willens, sich an die Regeln zu halten", sagt Schweitzer.

In Salzburg macht sich zunehmend Verzweiflung breit. Besonders hoch sind die Zahlen in Hallein und St. Johann im Pongau. Im ganzen Bundesland könne man mittlerweile nicht mehr nachvollziehen, wo der größte Teil der Ansteckungen passiert, heißt es vom Landespressedienst. Eines aber sei mittlerweile klar: Die Quarantäne in Kuchl, die am Sonntag Mitternacht endet, hat Wirkung gezeigt, das zeigen die Infektionszahlen. In ganz Salzburg gilt außerdem die vorgezogene Sperrstunde, Privatpartys außerhalb des Wohnraums sind untersagt, "was von der Exekutive umfangreich und rigoros kontrolliert wird", wie es auf der Website von St. Johann im Pongau heißt.

Umstrittene Rechtslage

Dem schließt sich auch Oberösterreichs Landespolizeidirektor Andreas Pilsl an: Er kündigte flächendeckende Kontrollen an. Notfalls werde man sich auch gegen den Willen der Betroffenen Zutritt in den privaten Bereich verschaffen, hieß es vom Krisenstab. Ähnliche Regelungen zum Verbot von Garagenpartys gibt es auch in Tirol und Vorarlberg. Unter Experten gelten diese jedoch als umstritten; es wird angezweifelt, ob es dafür eine rechtliche Grundlage gibt. (Vanessa Gaigg, Walter Müller, Gabriele Scherndl, 30.10.2020)