Marcus Rashford ist treffsicher – auf dem Rasen und in seinem Bemühen für die Ärmsten der Gesellschaft.

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Marcus Rashford klemmte den Ball wie eine Trophäe unter den Arm und schlenderte mit einem breiten Lächeln aus dem Old Trafford. Drei Tore in nur 30 Minuten Spielzeit waren der beeindruckende Leistungsnachweis von Englands Jungstar beim 5:0 (1:0) von Manchester United in der Champions League gegen den deutschen Bundesligisten RB Leipzig.

Es war ein besonderer Abend für einen besonderen Fußballprofi. Im Mittelpunkt wollte er nicht stehen, "es geht nur um die Mannschaft und ums Gewinnen", sagte Rashford, der erst in der 63. Minute eingewechselt worden war und dann aus drei Chancen bis zum Abpfiff gegen Leipzig drei Treffer (74., 78., 90.) erzielt hat.

Rashford ist längst mehr als nur ein guter Fußballer. Sein soziales Engagement ist beispielhaft. Dass ärmere Kinder satt werden, ist ihm wohl noch wichtiger als Tore oder Titel. Der 22-jährige Stürmer sorgte unter anderem mit einem offenen Brief an die Regierung dafür, dass auch in Englands Sommerferien kostenlose Mittagessen an bedürftige Kinder verteilt wurden.

Gefühllose Politik

Das Unterhaus will die 120 Millionen Pfund teure Aktion aber nicht fortsetzen. Ausgerechnet jetzt, wo die zweite Corona-Welle vor allem die Ärmsten im Land mit voller Wucht trifft. Das Medienecho auf die Entscheidung ist verheerend, vor allem Premier Boris Johnson steht in der Kritik.

Als "gefühllos" empfindet Rashford viele Politikeraussagen zum Thema. Dass er kürzlich von Queen Elizabeth II zum Member des "Order of the British Empire" (MBE) und von der Universität von Manchester zum Ehrendoktor ernannt wurde, ehrt ihn, besänftigt ihn aber nicht. Rashford ging selbst in die Offensive. Er startete die Petition #ENDCHILDFOODPOVERTY, die mittlerweile von mehr als einer Million Menschen unterstützt wird. Außerdem setzte der englische Nationalspieler auf seinen sozialen Netzwerkseiten einen Hilferuf ab – und der wurde erhört.

Zahlreiche Supermärkte, Restaurants, Bäckereien, Fast-Food-Ketten oder Greißler boten Essen für Bedürftige an. "Selbstlosigkeit, Freundlichkeit und Zusammengehörigkeit: Das ist das England, das ich kenne", schrieb Rashford auf Twitter. Im Minutentakt retweetete er Angebote, wann und wo kostenlose Mahlzeiten angeboten werden.

So viel soziales Engagement ringt auch den Größen eines Metiers großen Respekt ab, das nicht unbedingt für Mildtätigkeit bekannt ist. "Was Marcus da losgetreten hat, ist unglaublich", sagte Jürgen Klopp, der Teammanager des FC Liverpool. Es sei "beschämend", so Klopp, dass "ein Junge aus einfachen Verhältnissen" für die politisch Verantwortlichen handeln müsse. Er kenne Rashford nicht persönlich, aber er sei dennoch stolz auf ihn.

Rashford, der in Manchesters Stadtteil Wythenshawe in ärmlichen Verhältnissen aufwuchs, hat einen für sein Alter erstaunlichen gesellschaftlichen Weitblick. Im Vereinigten Königreich sollte "kein Kind hungrig ins Bett gehen", findet er, denn es sei "nie die Schuld der Kinder", keinen Zugang zu Essen zu haben.

Mit schwarzem Schuh

Die Persönlichkeit des Stürmers, dessen familiäre Wurzeln in St. Kitts und Nevis in der Karibik liegen und der seit seinem neunten Lebensjahr für Manchester United spielt, spiegelt sich auch auf dem Platz wider.

Der technisch hochbegabte und abschlussstarke Offensivspieler übernimmt bei Man Utd. immer mehr Verantwortung. Seine Tore schießt er mit schwarzen Schuhen, die mit 40 Botschaften von englischen Schulkindern verziert sind. Sie beziehen sich alle auf den Spruch "I am the future of" – "Ich bin die Zukunft von". (sid, lü, 29.10.2020)