Hier, also im De Kuip, regiert der WAC!

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Lange Gesichter in Rotterdam.

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Rotterdam – Der WAC ist in der Europa League wieder in aller Munde. Österreichs Bundesliga-Dritter der Vorsaison feierte am Donnerstagabend einen 4:1-(2:0)-Sieg beim niederländischen Traditionsklub Feyenoord Rotterdam, der damit die erste Niederlage in diesem Jahr kassierte. Der ehemalige Meistercup- und Weltpokal-Sieger – 1970 unter Österreichs Trainerlegende Ernst Happel und mit ÖFB-Teamspieler Franz Hasil – war zuvor seit 12. Dezember 2019 in 20 Pflichtspielen ungeschlagen geblieben.

Matchwinner für den WAC, der nun auch die Gruppe K anführt, war Michael Liendl. Vier Tage nach seinem 35. Geburtstag erzielte der Kapitän der Kärntner drei Tore. Damit gehört Liendl einem elitären Kreis von Routiniers an: Nach Schwedens Superstar Zlatan Ibrahimovic und dem spanischen Ex-Internationalen Aritz Aduriz ist der Steirer nun der drittälteste Spieler, dem in der Europa League ein Triplepack glückte.

"Das ist natürlich überragend", meinte Liendl nach dem ersten Hattrick seiner Profikarriere. "Nachdem ich keine 20 mehr bin, wird mir das auch nicht mehr so oft passieren." Gleichzeitig beschwor er aber auch den "überragenden Teamspirit", ohne den dieser persönliche Rekord nicht möglich gewesen wäre. "Wir haben heute über 90 Minuten bewiesen, dass wir ein unglaubliches Kollektiv sind. Wir haben alle richtig, richtig gut gearbeitet. Und dann kommt am Ende so etwas zustande."

"Ein, zwei Phasen, wo wir geschwommen sind"

Sein Trainer Ferdinand Feldhofer sprach von einem "historischen Abend" und war vor allem mit der ersten Hälfte "sehr zufrieden. Da haben wir ganz, ganz wenig zugelassen." Dazu kamen die perfekten Laufpässe "hinter die letzte Kette" des Gegners, die zu den ersten beiden Elfmetern (4., 13.) jeweils nach Fouls an Christopher Wernitznig führten. Und Liendl, der sich nun "wieder sehr sicher vom Elfmeterpunkt" fühlt, ließ sich diese Chancen wie schon beim 1:1 zum Auftakt in der Vorwoche gegen ZSKA Moskau nicht entgehen.

Erst nach dem Wechsel folgte die stärkste Phase von Feyenoord, die aber trotz einer Vielzahl von hochkarätigen Chancen nur zum kurzzeitigen Anschlusstreffer durch Steven Berghuis (53.) reichte. "Sicher hatten wir ein, zwei Phasen, wo wir geschwommen sind. Doch das ist auf internationalem Parkett ganz normal, das kann passieren. Aber über diese Durststrecke sind wir auch recht gut drübergekommen", betonte Liendl. "Sonst haben wir es extrem gut gemacht, da tut sich jeder Gegner gegen uns schwer. Wir haben absolut verdient gewonnen, auch in dieser Höhe."

Feldhofer bewies ein gutes Händchen, als er Europacup-Debütant Kai Stratznig in der 59. Minute einwechselte, denn der 18-Jährige nutzte gleich seinen ersten Ballkontakt zu einem blitzschnellen Vorstoß am Flügel, mit dem er das 3:1 durch Liendl vorbereitete (60.). "Schön, dass ich auch aus dem Spiel noch treffen kann, dass ich nicht nur auf die Elfer reduziert werde", meinte der dreifache Torschütze, den Feldhofer als Vorzeigeprofi bezeichnete.

Liendl überließ dritten Elfmeter

Daneben freute sich der 41-Jährige besonders für Stratznig: "Er musste lange warten, hatte im Frühjahr seine Feuertaufe in der Bundesliga und jetzt im Europacup. Wir können stolz sein, dass wir so einen jungen Kärntner in der Mannschaft haben."

Dieser dritte Treffer und die Umstellung auf Fünferkette beendete die Drangperiode der Rotterdamer, die total sauer auf den serbischen Schiedsrichter Srdjan Jovanovic waren. "Ja, dieser Mann war ein Drama", schimpfte Feyenoord-Coach Dick Advocaat und sprach von "zwei ungerechtfertigten Elfmetern" mit Blick auf den zweiten und den dritten, den Teamplayer Liendl dann Dejan Joveljic überließ (66.).

"Er hat sich nicht nur einmal bedankt bei mir", verriet der WAC-Kapitän. "Er hat mich schon nach dem ersten Elfer gefragt, ob er schießen darf. Da wollte ich ihn (den Ball, Anm.) noch nicht hergeben. Dann habe ich ihm gesagt, wenn noch einer ist, dann kann er schießen", berichtete Liendl. "Das ist extrem wichtig für die Stürmer bei uns, dass die dann auch treffen und sich dadurch auch Selbstvertrauen holen." (APA, 30.10.2020)

Feyenoord Rotterdam – WAC 1:4 (0:2). Rotterdam, De Kuip, wegen Coronavirus-Pandemie keine Zuschauer erlaubt, SR Jovanovic (SRB).

Tore:
0:1 ( 4.) Liendl (Foulelfmeter)
0:2 (13.) Liendl (Foulelfmeter)
1:2 (53.) Berghuis
1:3 (60.) Liendl
1:4 (66.) Joveljic (Foulelfmeter)

Feyenoord: Biljow – Nieuwkoop (46.Narsingh), Botteghin, Spajic, Haps – Toornstra, Geertruida, Kökcü, – Berghuis, Linssen (76. Bannis), Diemers

WAC: Kofler – Novak, Baumgartner, Lochoshvili, Scherzer – Leitgeb – Taferner (59. Stratznig), Liendl, Wernitznig (81. Peretz) – Joveljic (67. Rnic), Dieng (81. Vizinger)

Gelbe Karten: Biljow, Botteghin, Nieuwkoop, Haps bzw. Taferner, Novak, Vizinger

Niederländische Pressestimmen

"AD": "Nur der serbische Schiedsrichter war noch schlechter als das Spiel von Feyenoord, das sich gegen den Wolfsberger AC als Team in ernsthaften Schwierigkeiten präsentierte. Unabhängig vom katastrophalen Schiedsrichter: Trainer und Spieler müssen dringend nach Ursachen suchen. Die Rotterdamer wurden von einem Verein gnadenlos geschlagen, von dem viele Feyenoord-Anhänger bis vor kurzem noch nie gehört hatten."

"De Volkskrant": "Bei Feyenoord läuft an einem düsteren Abend alles schief. Der Himmel weinte letzte Nacht über Rotterdam (...). Feyenoord spielte die schlechteste Hälfte einer jetzt schon ziemlich durchwachsenen Saison gegen den Wolfsberger AC, die Nummer zehn von Österreich, die keinen besonderen Spieler in ihren Reihen hat, aber trotzdem mit einem 4:1-Sieg zurück zu den Dorfbewohnern nach Kärnten reiste. (...) Es war erst die zweite Niederlage unter Trainer Advocaat, der vor genau einem Jahr bestellt worden war und einem demoralisierten Team neues Leben eingehaucht hatte."

"De Telegraaf": "Trotz zweier ungerechtfertigter Elfer blamierte sich Feyenoord gegen Österreichs Nummer zehn."

"Trouw": "Letzte Nacht musste sich Dick Advocaat manchmal verzweifelt gefragt haben, was er eigentlich vorhatte. Der Fanatismus des 73-Jährigen sprang aber nicht auf seine fehlerhafte Mannschaft über, die auf traurigem Niveau gegen den Wolfsberger AC agierte. (...) Das Besorgniserregende ist, dass es (dieses Spiel, Anm.) nicht als Ausrutscher abgetan werden kann. (...) Das Abenteuer Europa League droht schon nach nur zwei Spielen zu einem weiteren unrühmlichen Rückschlag zu werden."

"voetbalprimeur.nl" (Fußball-Internetportal): "Feyenoord gegen zwölf Mann von Wolfsberg. Das Spiel von Feyenoord war absolut nicht gut, aber es muss gesagt werden: Schiedsrichter Srdjan Jovanovic war noch schlechter als das Spiel der Rotterdamer. (...) Feyenoord-Fans, neutrale Fußball-Zuschauer und wahrscheinlich auch die Entourage des Wolfsberger AC: Alle waren sich einig, dass Schiedsrichter Srdjan Jovanovic im De Kuip keine gute Figur machte. Der Serbe pfiff gleich drei Elfer gegen die Mannschaft aus Rotterdam und musste danach viel Kritik einstecken."