Die Kommunikation der Regierung ist schlichtweg eine Katastrophe – und das ist im Fall von Corona ein besonderes Problem. Kanzler Sebastian Kurz und seine grünen Gegenüber, Werner Kogler als Vizekanzler und Rudolf Anschober, der als Gesundheitsminister eine zentrale Rolle innehat, machen eigentlich alles falsch, was man nur falsch machen kann. Es gibt keine klaren Botschaften, im Gegenteil, die Politiker widersprechen einander und sich selbst. Sie sorgen nicht für Klarheit, sondern für Verwirrung. Sie schaffen kein Vertrauen, sondern Verunsicherung. Mit lächerlichen Pressekonferenzen und Ankündigungen von Ankündigungen verspielen sie radikal das Vertrauen der Menschen.

Und das ist fatal: Gerade jetzt bräuchte es eine starke Führung, der man vertrauen kann und will, deren Erklärungen man vollziehen kann, der man bereit ist zu folgen. Es geht um viel: Es geht um unsere Gesundheit – und von der Bekämpfung von Covid-19 ist ganz massiv auch unsere Wirtschaft betroffen. Da geht es um zigtausende Arbeitsplätze, also um die wirtschaftliche Existenz von sehr vielen Menschen.

Kanzler Sebastian Kurz, Vizekanzler Werner Kogler und Gesundheitsminister Rudolf Anschober sorgen nicht für Klarheit, sondern für Verwirrung.
Foto: APA/ROLAND SCHLAGER

Kanzler und Minister dilettieren wie blutige Anfänger. Anstatt offensiv zu informieren und für eine klare Linie zu sorgen, wird häppchenweise Information verteilt, wird ein Wettlauf der Spekulationen angeheizt. Kommen wir so gesund aus dieser Krise? Mit dieser Regierung ist das fraglich.

Dabei wäre es angesichts der aktuellen Bedrohungslage höchst notwendig, gemeinsam an einem Strang zu ziehen. Das tut diese Regierung immer noch nicht: Sie bindet die Länder nicht ein, zumindest nicht die rot geführten, und sie bindet die Opposition nicht ein. Die angesetzte Information der Länder und der Parteichefs kurz vor der offiziellen Verkündung ist nichts weiter als eine Alibimaßnahme.

Ausgangssperre

Die Maßnahmen haben es in sich, sie wären es wert gewesen, breit abgestimmt zu werden. Das öffentliche Leben wird heruntergefahren, es gibt de facto keine Kultur, keinen Sport mehr. Der härteste Einschnitt ist wohl die geplante nächtliche Ausgangssperre, verbunden mit einem Zusperren der Gastronomie und der Hotellerie. Das ist ein radikaler Einschnitt in unser Leben, in unsere Freiheit. Das werden nicht alle Menschen widerspruchslos hinnehmen. Angesichts dieser drastischen Maßnahmen wäre es schlau gewesen, den gesellschaftlichen Konsens zu suchen, das Gemeinsame über das Taktieren zu stellen – und die Menschen nicht für dumm verkaufen zu wollen.

Diese Regierung – und sie besteht aus ÖVP und Grünen – hat sich als nicht krisenfest erwiesen. Dass sie so an Glaubwürdigkeit eingebüßt hat, ist in dieser Situation ein Problem für uns alle. Auch diejenigen Menschen, die den geplanten Lockdown inhaltlich für richtig oder gar für alternativlos halten, die es schätzen, dass immerhin versucht wird, wenigstens die Schulen offen zu halten, werden sich ganz schwertun, sich an die Seite der Regierung zu stellen und diese gegen Angriffe zu verteidigen.

In einer Situation, in der wir alle eigentlich zusammenhalten müssten, hat es die Regierung nicht geschafft, das Klein-Klein der Parteipolitik zu überwinden. Im Gegenteil: Sie hat es noch geschafft, die Emotionen zu schüren und einen Keil in die Gesellschaft zu treiben. Sie bietet tausend Angriffsflächen statt eines Schilds, hinter dem wir alle uns versammeln könnten. (Michael Völker, 30.10.2020)