Bereits Anfang September hielten Swarovski-Beschäftigte in Wattens eine Mahnwache gegen den geplanten massiven Stellenabbau ab.
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Mehr als ein Etappensieg für Konzernchef Robert Buchbauer war es wohl nicht – jedenfalls dürften die Risse im kriselnden Tiroler Kristallimperium Swarovski damit nicht gekittet worden sein. Zwar konnte sich Buchbauer am Freitag auf der Eigentümerversammlung in Wattens eine Mehrheit von 80,4 Prozent für seine Umbaupläne für den Traditionskonzern Swarovski sichern, allerdings dürfte sich damit das nächste Kapitel der Familiensaga bloß vor Gericht verlagern. Eine opponierende Familiengruppe hatte nämlich schon vor der Versammlung rechtliche Schritte gegen eine mögliche Beschlussfassung angekündigt.

"Mit neuen, schnellen und modernen Strukturen wird es möglich, Swarovski zeitgemäß zu führen", sagt Buchbauer über den Umbau. Das Unternehmen sei aus der bisherigen Gesellschaft "herausgewachsen". In Österreich wird Swarovski als Kommanditgesellschaft (KG) geführt, bei der bei wichtigen Entscheidungen Einstimmigkeit unter den rund 80 Gesellschaftern benötigt wird – welche zuletzt nicht gegeben war. Buchbauer war Anfang September mit einem anderen Umbauplan an ebendieser Hürde gescheitert. Eine Familiengruppe des sogenannten Stamm Fritz rund um Paul Swarovski, die 18,7 Prozent der Anteile hält, hatte dagegengehalten. Und sie tat es auch diesmal.

Keine Einstimmigkeit

Doch bei dem neuen Anlauf stellte Buchbauer Umbaupläne zur Abstimmung, die seiner Ansicht nach keine Einstimmigkeit, sondern nur eine hohe, qualifizierte Mehrheit benötigen würden. Allerdings sieht das der Stamm Fritz nicht so: Nur bei einer 100-prozentigen Zustimmung sei die "vorgeschlagene diktatorische Struktur" legal und gültig. "Würden dieses rechtliche Erfordernis und die Ablehnung ignoriert werden, wird die Nichtigkeit der Entscheidung gerichtlich geltend gemacht werden", kündigte der Stamm Fritz an, der nach einem der Söhne von Unternehmensgründer Daniel Swarovski benannt ist. Gerichtsurteile und Expertengutachten würden bestätigen, dass ein Konzernumbau der Einstimmigkeit bedürfe.

Wie soll die neue Struktur aussehen, gegen die die oppositionelle Familiengruppe Sturm läuft? Kurz gesagt, die bisherige Tochter Schweizer Swarovski International Holding wird in die Tiroler Swarovski KG eingebracht, was jedoch die Anteile des Stamm Fritz stark verwässern würde. Darübergestülpt wird eine Familienholding, in der die Kristallgeschäfte vereinigt werden und die Besitzverhältnisse jenen der jetzigen KG entsprechen, weshalb Buchbauer betont: "Die Eigentumsrechte aller Gesellschafter bleiben erhalten."

Der Familienzwist um die Zukunft des Swarovski-Konzerns trifft den Kristallriesen im Corona-Jahr 2020 zur Unzeit, steht er doch auch wirtschaftlich angeschlagen da. Von den zuletzt 3,5 Milliarden Euro Jahresumsatz könnte heuer bis zu einem Drittel wegbrechen. Gewinne wird Swarovski nicht erzielen.

Massiver Stellenabbau

Das Geschäft mit Endkunden kam heuer zeitweise fast gänzlich zum Erliegen, 90 Prozent der weltweit etwa 3000 Shops – viele davon an Flughäfen – waren geschlossen. Der Bereich Kristallkomponenten, die Swarovski für andere Unternehmen produziert, litt schon vor Corona unter zunehmender Konkurrenz. Die Folge: Weltweit müssen 6000 Beschäftigte den Konzern verlassen. Am Standort Wattens werden heuer 1200 Mitarbeiter abgebaut, nächstes Jahr sollen weitere 600 Beschäftigte folgen.

Dementsprechend groß ist der Unmut in Teilen der Familie. Der Konzern habe seit Jahren mit Problemen zu kämpfen, welche die Corona-Krise verschärft habe. Ende April machte ein anonymer "Brandbrief" die Runde, in dem von 521 Millionen Euro die Rede ist, die in der vergangenen Dekade "in den Sand gesetzt" worden seien. Die Schuld liege bei "einem völlig ineffizienten Management, das sich lieber mit Intrigen und Machtkämpfen beschäftigt als mit der Positionierung der Marke Swarovski".

Buchbauer will Swarovski mit der neuen Struktur zukunftsfit und börsenfähig machen. Zudem soll die Produktpalette verringert werden, ebenso die Anzahl der Shops. Er schließe künftig auch weder einen Börsengang des Kristallkonzerns aus noch den Einstieg eines strategischen Partners. Dass dazu bereits, wie zuletzt spekuliert wurde, mit dem Immobilieninvestor René Benko verhandelt wurde, dementierte Buchbauer aber vehement. (Alexander Hahn, 31.10.2020)