Die Maßnahmen zur Eindämmung der Corona-Pandemie werden wieder verschärft.

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Das mit der Eigenverantwortung hat nicht geklappt. Jedenfalls nicht gut genug, auch wenn man der breiten Mehrheit zugestehen muss, zumindest guten Willen gezeigt zu haben. Das Tragen einer Maske hat gut funktioniert, da war durchaus Disziplin vorhanden, das Abstandhalten ist schon weniger gut gelungen. Und das Treffen von Familie und Freunden wurde offenbar nur sehr zaghaft eingeschränkt, da fühlte sich kaum einer betroffen und angesprochen, Geburtstage und Hochzeiten wurden gefeiert, wie sie fielen. Da schien das Risiko überblickbar. War es aber nicht, wie sich herausstellte.

Jetzt ist die Regierung dran. Sie setzt mit Beginn der kommenden Woche Maßnahmen, die tief in unsere Freiheitsrechte eingreifen, die unsere Vorlieben einschränken, unsere Gewohnheiten auf den Kopf stellen, die einen erheblichen wirtschaftlichen Schaden verursachen werden. Und dennoch hat die Regierung recht, sie handelt richtig. Sieht man einmal von der katastrophalen Kommunikation und vom Zeitpunkt ab. Die Regierung hätte besser vorbereitet sein sollen, sie hätte früher handeln sollen, sie hätte schlauer kommunizieren können, sie hätte mehr den Konsens suchen und alle politischen Lager einbinden sollen. Aber die Maßnahmen sind hier und jetzt, an der Stelle, wo wir stehen, die richtigen.

Keine lustigen Zeiten

Um eine weitere und stärkere Verbreitung der Covid-19-Infektionen zu verhindern, und das ist aus vielerlei, vor allem aus gesundheitlichen Gründen notwendig, müssen die sozialen Kontakte so weit als möglich eingeschränkt werden. Im beruflichen Umfeld ist das dort, wo es gut machbar ist, schon geschehen. Wer im Homeoffice besser aufgehoben ist, wird vom Arbeitgeber dabei unterstützt werden. (Dieser Kommentar entsteht am Küchentisch.) Jetzt geht es um den privaten Bereich, um alles, was nicht unbedingt notwendig ist. Und ja, das ist extrem genussfeindlich. Die Gastronomie sperrt zu. Das wird wohl einigen Gansln das Leben retten. Nur Lieferdienst und Abholservice sind noch möglich, es wird also niemand, der nicht kochen kann, verhungern. Die Hotellerie sperrt zu. Nur dringend notwendige Geschäftsreisen sind noch erlaubt. Das ist gerade für eine Tourismusnation wie Österreich bitter, sollte aber die Chance eröffnen, einen Rest des Wintertourismus doch noch zu retten. Lustig ist das alles nicht, aber es sind gerade keine lustigen Zeiten.

Am drastischsten klingen die Ausgangssperren, die auch als Ausgangsbeschränkungen oder als Besuchsverbote angekündigt werden. Sorry to say, aber sie sind notwendig. Den Corona-Leugnern und Skeptikern wird man es ohnedies nicht recht machen können, auch jenen Menschen nicht, die aus Prinzip ihre Grund- und Freiheitsrechte hochhalten und sich vom Staat in keinster Weise einschränken lassen wollen. Aber jetzt geht das Gemeinwohl vor, und nein, deswegen sind wir nicht auf dem Weg in eine Diktatur. Das Parlament entscheidet mit – und die nächsten Wahlen kommen ganz bestimmt.

Drohen und Strafen

Eine Beschränkung des nächtlichen Bewegungsspielraums zielt auf jene Leute ab, die Vergnügen und Unterhaltung suchen, also auch die Gemeinschaft mit anderen. Das geht jetzt eben für ein paar Wochen nicht. Joggen und Spazierengehen werden weiterhin möglich sein. Alles, was notwendig ist, wie zur Arbeit gehen oder sich um andere kümmern, sowieso. Es sind Ausnahmen formuliert, es sind auch Strafen vorgesehen. Aber die Regierung setzt offenbar mehr auf das Drohpotenzial als auf die tatsächliche Exekution, und da kann man sicher einiges besser machen als beim ersten Lockdown.

Und anders als beim ersten Lockdown bleibt der Handel – mit Auflagen – offen. Es kann nie schaden, genug Klopapier zu Hause zu haben, aber ein Riesenvorrat scheint jetzt nicht notwendig zu sein.

Kindergärten und die Pflichtschulen bleiben offen, das ist wichtig für die Kinder und für die Eltern, für das Gemeinwohl und den Wissenserwerb. Dort, wo es leicht geht, wird auf distance learning umgestellt, also in den Oberstufen, die Universitäten machen das ohnedies bereits.

Bitter und bedauerlich

Parks bleiben offen, Zoos machen zu, Friseure bleiben offen, Fitnessstudios machen zu, Museen machen auch zu. Keine Konzerte mehr, keine Sportveranstaltungen mehr, nur noch Spitzensport. Das ist alles bitter und bedauerlich, da werden nicht alle gut damit umgehen können. Da stehen auch Existenzen auf dem Spiel, aber als Gesellschaft werden wir da durchkommen, es ist ja nur für ein paar Wochen. Darauf werden wir alle achten.

Der Regierung muss man zugestehen, sich hier um ausgewogene Maßnahmen bemüht zu haben und bei aller Strenge und Rigidität die Verhältnismäßigkeit im Auge zu haben. Man kann sich daran halten, ohne obrigkeitshörig zu sein, man kann seiner Vernunft folgen, dann braucht man auch viele Vorschriften nicht. Bleiben Sie gesund. Und: Helfen Sie anderen, gesund zu bleiben. Darauf zielen diese Maßnahmen ab. (Michael Völker, 31.10.2020)