Geschäftsführer Reiter und Trainer Marsch. Ersterer könnte sich Spiele vor Zuschauern gut vorstellen.

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Wien – Mit heftiger Kritik hat Red Bull Salzburgs Geschäftsführer Stephan Reiter auf die neuen Maßnahmen für den Fußball im Zuge des Lockdowns reagiert. Im Rahmen des Bundesligaspiels gegen WSG Tirol gab er via Sky klar zu verstehen, dass er nicht verstehe, warum ab Dienstag keine Zuschauer mehr bei Fußballspielen anwesend sein dürfen. Für Österreichs Meister ist das insofern bitter, als die Bullen am Dienstag in der Gruppenphase der Champions League zuhause gegen den Titelträger Bayern München antreten.

"Es ist natürlich furchtbar schade, dass es jetzt noch einmal endgültig in Richtung Geisterspiele geht. Wir spielen am Dienstag sicher ein fantastisches Spiel gegen Bayern München in der Champions League – und das vor leeren Rängen. Das tut natürlich wirklich weh aus vielerlei Hinsicht", sagte Reiter und führte weiter aus: "Das ist für den Fußball schlecht, das ist für den Sport schlecht, das ist finanziell schlecht, das ist für die Mannschaft schlecht. Ob das jetzt richtig oder falsch ist, will ich nicht beurteilten. Das große Problem, das die Regierung mittlerweile hat: sie hat an Glaubwürdigkeit verloren."

Reiter sieht das Verständnis für die Maßnahmen der Regierung in der Bevölkerung schwinden: "Natürlich folgt jetzt auch die Bevölkerung nicht mehr diesen Maßnahmen. Wenn man in einem Stadion im Freien ist, mit zwei Metern Abstand im Schachbrettmuster sitzt, dann im Sitzen einen Mundschutz hat. Ich glaube, da kann sich jeder selber sein Bild darüber machen, wie sinnvoll oder nicht sinnvoll das ist", sagte Reiter.

Ebenbauer fürchtet unabschätzbare Folgewirkungen

Bundesliga-Vorstand Christian Ebenbauer sieht die Maßnahmen der Regierung "in erster Linie pragmatisch". Die Gesundheit stehe an erster Stelle. "Es ist klar, dass die Situation anhand der Zahlen keine Kompromisse erlaubt. Der Spielbetrieb in der ersten und zweiten Liga kann fortgesetzt werden, das ist für uns als Bundesliga einmal das Wichtigste. Wir sind froh, dass es den Profiligen-Topf gibt. Er ist kurzfristig wichtig fürs Überleben, aber mittel- bis langfristig absolut keine Lösung.

Ebenbauer fürchtet aber schon jetzt unabschätzbare Folgewirkungen für das beliebteste Ballsport-Produkt hierzulande. Das Comeback der Geisterspiele war für die Liga planbar, nachdem in den vergangenen Wochen und Monaten die maximale Zuschauerzahl sukzessive von 10.000 bis auf 1.500 – in Altach bereits auf 500 – reduziert wurde. Dass der Ball nun anders als im März nach dem Ausbruch der Pandemie weiterrollt, ist den greifenden Covid-Konzepten zu verdanken. "Die Situation hat sich im Vergleich zum Frühjahr verbessert, weil wir den Spielbetrieb aufgrund der Präventionskonzepte ohne Risiko für die Beteiligten aufrechterhalten können", sagte Ebenbauer am Samstag zur APA.

Profiligen-Hilfsfonds

Die Bundesliga ist nun noch mehr auf den Profiligen-Hilfsfonds angewiesen. Mit insgesamt 35 Millionen Euro für acht Ligen in Mannschaftssportarten ist dieser für 2020 dotiert, für 2021 stünden weitere 35 Mio. parat. Bisher flossen – wohlgemerkt ohne Kurzarbeit-Gelder – 3,1 Millionen Euro an die Clubs der ersten und zweiten Fußball-Liga. "Da ist bis jetzt noch genug drin. Die Frage ist, wie schnell der Topf an seine Grenzen stößt", meinte Ebenbauer über das Förderprogramm, mit dem Einnahmeausfällen wie Ticketing, Gastronomie und Merchandising (bis 75 Prozent) abgedeckt werden sollen. Auch ÖFB-Cupspiele sind neben Ligapartien nun förderungswürdig. "Dass Europacupspiele nicht einberechnet werden dürfen, schmerzt natürlich einige Clubs", erklärte Ebenbauer.

Laut Ebenbauer sind die Hilfsgelder der Politik "kurzfristig wichtig fürs Überleben, aber mittel- bis langfristig absolut keine Lösung", denn Folgeschäden seien noch nicht absehbar. "Wir haben im Frühjahr schon zwei Monate ohne Fans im Stadion durchgehalten, alle waren dann schon sehr müde. Ohne Fans im Stadion ist es nicht dasselbe. Der Fußball lebt von der Bindung zwischen Spielern, Club, den Fans auf den Rängen." Diesen Kitt sieht er akut gefährdet. "Das ist ein Riesenthema, das mit jedem Tag schwieriger wird, wenn man weiß, wie viel Vertrauensarbeit und Zusammenarbeit hier notwendig ist, aber derzeit kein unmittelbarer Kontakt da ist."

Das Stillstehen des Breitensports sei bedauerlich und dramatisch. "Denn der Fußball lebt von den Fans, nicht nur im Stadion, sondern von denen, die selbst im Breitensport spielen", sagte Ebenbauer. Die organisatorischen Folgewirkungen könnten chaotisch ausfallen. Ebenbauer: "Wir wissen alle, welche Themen wir im Frühjahr hatten: Es gibt zum Auf- und Abstieg neue Regelungen, aber es wird nicht einfach werden – in jede Richtung."

"Wichtig, dass die Kugel rollt"

Derzeit kann auch die Fußballbranche nur auf eine baldige Verbesserung in der Krise hoffen. Im Profisektor ist das Elementare noch gegeben, Ebenbauer: "Der Spielbetrieb in der ersten und zweiten Liga kann fortgesetzt werden, das ist für uns als Bundesliga einmal das Wesentlichste. Es ist wichtig, dass die Kugel rollt." (APA, red, 31.10.2020)