Infektiologin Petra Apfalter und Bildungsminister Heinz Faßmann erklärten, warum nur die Oberstufen ins Distance Learning geschickt werden.

Foto: Matthias Cremer

Wien – Der letzte Tag der ersten Herbstferien wurde unvermittelt auch zum letzten Tag vor dem Beginn des zweiten Lockdowns in Österreich. Das heißt, für die Schulen eigentlich ein Teil-Lockdown: Denn nur die Oberstufen müssen ab Mittwoch ins Distance-Learning, Kindergärten und Pflichtschulen bleiben hingegen bis auf Weiteres offen.

Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP) sagte dazu am Montagvormittag, dass er diese Regelung für eine "sehr, sehr gute, sehr tragfähige Maßnahme" halte, zumal man gesehen habe, dass die Infektionszahlen ab 15 Jahren aufwärts ansteigen. "Die Schule trägt dazu bei, dass wir diese Krise bewältigen können." Es sei allen klar gewesen, dass es ein bloßes "Weiter so" nicht geben habe können. Jetzt versuche man eben, "Pandemie und funktionierende Schule unter einen Hut zu bringen".

Und das sei auch richtig so, unterstrich die Infektiologin Petra Apfalter vom Ordensklinikum Linz: "Es ist gut und richtig, Kindergärten und Schulen offen zu halten." Die Leiterin des Instituts bzw. Nationalen Referenzzentrums für Hygiene, Mikrobiologie und Tropenmedizin der Elisabethinen sagte: "Es war nicht die Schule, es ist nicht die Schule, die der Treiber ist." Man wisse aus detaillierten Untersuchungen der Corona-Clusteranalysen, "dass Bildungseinrichtungen eine völlig untergeordnete Rolle spielen bei der Verbreitung des Virus".

Kinder müssen AHA-L-Formel verinnerlichen

Kinder, vor allem jüngere, seien "weniger empfänglich" für das Coronavirus und würden in den "allerallermeisten Fällen nicht oder nur wenig schwer erkranken". Bei älteren Kindern hingegen würden die positiven Covid-19-Fälle ansteigen, aber hier gebe es "ganz wenig Evidenz", dass die Ansteckung in der Schule passiert sei. Man wisse, dass das Virus vor allem von Erwachsenen übertragen und von außen in die Schule hineingebracht werde, sagte Apfalter. Sie sieht in den aktuellen Corona-Plänen des Ministeriums eine "exzellente Handlungsempfehlung" und wies darauf hin, dass alle Kinder die AHA-L-Formel verinnerlichen sollten: Abstand halten, Hände waschen, Alltagsmaske und Lüften. Das seien die "Grundpfeiler, die ganz wesentlich sind".

Der Bildungsminister listete dann die anderen Pfeiler auf, die einen möglichst sicheren Schulbetrieb für die Jüngeren bzw. ein möglichst gut funktionierendes Lernen auf Distanz für die Älteren ermöglichen sollen.

Im elementaren Bildungsbereich betonte er besonders, dass es darum gehe, "keinen externen Eintrag" des Virus in die Kindergärten zuzulassen. Also Kinder an der Tür abgeben, Eltern mit Maske.

Der Unterricht für die Sechs- bis 14-Jährigen vor Ort in den Schulen werde "unter erhöhten Schutzmaßnahmen" ablaufen. Das heißt, bis auf Weiteres werden keine schulexternen Personen am Unterricht beteiligt sein, etwa Künstlerinnen oder Schauspieler bei Theaterworkshops. Schulveranstaltungen wie Skikurse, Sprachreisen oder Ausflüge gibt es im November nicht. Möglich und auch erwünscht hingegen ist Unterricht im Freien oder ein Ausflug in den Park ums Eck, aber man solle bitte nicht mit der Straßenbahn durch die halbe Stadt mit der ganzen Klasse herumgondeln.

Befristet Maske auch im Unterricht möglich

"Befristet" darf schulautonom auch das Tragen eines Mund-Nasen-Schutzes veranlasst werden, etwa wenn es mehrere Covid-positive Fälle an einer Schule gibt – oder wie schon bisher, dass Lehrerinnen und Lehrer vor Gruppenarbeiten mit großer Nähe sagen: jetzt bitte Maske aufsetzen.

Die Oberstufen, also die 15- bis 19-Jährigen, werden generell ins Distance-Learning geschickt – "weil sie vergleichsweise stark von Infektionen betroffen sind, aber auch eine wachsende Zahl an Sozialkontakten haben", begründete Faßmann: "Sie haben eine größere Bedeutung im Infektionsgeschehen, können leichter selbstständig lernen und brauchen auch nicht permanente Betreuung wie jüngere Schulkinder."

Faßmann ist optimistisch, dass der zweite Wechsel zum Distanzlernen nach den Erfahrungen im Frühjahr "leichter gelingen" wird. Man habe digital aufgerüstet, die Schulen sollen nur noch eine Lehr- und Lernplattform verwenden, digitale Leihgeräte stünden, falls nötig, ebenfalls zur Verfügung.

Flexibles Distance-Learning mit Rückkehr in die Schule

Der Minister wies extra darauf hin, dass dieses Distance-Learning mit einer "gewissen Flexibilität" umzusetzen sei, "damit es nicht zulasten der Schüler geht". Das heißt, dass schulautonom Gruppenunterricht sehr wohl auch in der Schule möglich sein wird, vor allem für Maturaklassen, aber auch für nicht digital ersetzbare Inhalte wie fachpraktischen Unterricht – immer unter Einhaltung der strikten Hygiene- und Abstandsregeln.

Wie bereits berichtet wird der Dienstag als "Übergangstag" geführt, an dem die Oberstufenschülerinnen und -schüler ihre Sachen aus der Schule abholen und vielleicht noch "Instruktionsstunden" mit den Klassenvorständen abhalten können.

Schularbeiten, die in der ersten Novemberhälfte angesetzt sind, finden regulär statt, wenn der Stoff bereits behandelt wurde und für die Abhaltung genug Abstand in der Schule gesichert ist. Schularbeiten in der zweiten Novemberhälfte werden in der Oberstufe auf Dezember verschoben – was übrigens nicht heißt, dass es dort dann vielleicht zu einem "Schularbeitsstau" kommt. Denn, so sagte Faßmann, es wird eine Regelung geben, wonach pro Schularbeitsfach nur eine Schularbeit pro Semester notwendig ist. Dementsprechend wird aber der Mitarbeit ein größeres Gewicht eingeräumt.

Lehrerkonferenzen finden im November ausschließlich online statt, außerdem wird das Ministerium alle Lehrkräfte – auch die Landeslehrerinnen und -lehrer, sie sind ja als Pflichtschullehrkräfte jetzt weiterhin an den Schulen – mit höherwertigen FFP2-Masken versorgen. Lehrkräfte, die selbst zur Risikogruppe zählen, im Haushalt Risikopatienten haben oder aber (ärztlich attestiert) psychisch belastet sind, müssen auch jetzt nicht zum Präsenzunterricht erscheinen.

Lehrkräfte sind "Schlüsselarbeitskräfte" an "sehr sicherem Ort"

Faßmann betonte die Rolle der Lehrerinnen und Lehrer ausdrücklich. Sie seien für ihn "Schlüsselarbeitskräfte", und wenn man irgendwann in der "Nachbetrachtung" dieser Corona-Pandemie sagen könne, "dass es keine verlorene Generation Covid gibt, dann liegt das an den Lehrerinnen und Lehrern", sagte der Bildungsminister.

Infektiologin Apfalter hatte auch beruhigende Worte in Richtung Lehrerinnen und Lehrer: "Der Ort der Schule wird für sie ein sehr sicherer Ort sein, und zwar wesentlich sicherer als andere Lebensfelder."

Der Hochschulbereich, also Universitäten, Fachhochschulen, Pädagogische Hochschulen und Privatunis, stellt ebenfalls "weitgehend auf Distance-Learning um", sagte Faßmann. Präsenzlehre werde massiv reduziert, ausgenommen jene Bereiche, in denen sie erforderlich sei, etwa im experimentellen Bereich oder in der Zahnmedizin. Jedenfalls dürfe "keine wertvolle Studienzeit verloren gehen", betonte der Minister und fügte hinzu: "Es geht um einen Monat, hoffentlich nicht um mehr und länger. Es sollte und muss uns gelingen, die Infektionszahlen zu reduzieren. Der Lockdown ist notwendig und kommt gerade noch rechtzeitig." (Lisa Nimmervoll, 2.11.2020)