Heiser könnte man werden, bei dem Auto. Hätte der Testzeitraum mit dem BMW M8 Competition Gran Coupé auch nur zwei Tage länger gedauert, ich hätte mit meiner Version von Highdelbeeren locker den zweiten Platz beim Wilfried-Doppelsänger-Wettbewerb schaffen können. Dabei war der erste Schrei einem eher unguten Zufall geschuldet.

Der Chef, der Andreas Stockinger, hat mir die Testwagendaten just in dem Moment weitergeleitet, als ich beim Onlinebanking war. Der Unterschied zwischen Kontostand und dem Preis des extrastarken M8 mit den vier Türen war für keinen lasziven Seufzer gut. Wir reden hier von mehr als 250.000 Euro. Nein, wir reden da nicht vom Kontostand, sondern vom Unterschied.

Kein verzweifeltes Kreischen, sondern ein simples "Oida" entfuhr mir dann wenige Tage später, als ich den M8 Competition übernehmen durfte. Da ist alles unter einem Carbondach vereint, was es abseits von Windelbomber und Nutzfahrzeug an Auto gibt. Er ist unglaublich elegant. Mehr so Smoking, nicht Frack. Und sportlich ist er. Mehr so Sparco, nicht Adidas oder Puma.

Billige Vergleiche
Die Sitze sind Schraubstöcke, die sich hinter komfortablen Polstern und edlem Leder verstecken. Straßenwalzen kriegen Zündaussetzer, wenn sie die Reifen sehen. Prüfstände gehen freiwillig auf Störung, rollt ihnen die luftsaugende Front entgegen. Die Endrohre lassen Seismografen tanzen. Es ist ein tiefes Grollen, nicht zu laut, aber beeindruckend, das von 625 PS aus einem 4,4 Liter großen und künstlich beatmeten V8 erzählt. Nein, kein Kreischen.

Das gibt es erst ein wenig später wieder, am Beschleunigungsstreifen der Autobahn, kurz bevor man geneigt ist, beide Arme aus dem Fenster zu strecken, damit einem schneller Handschellen angelegt werden können. In kaum mehr als drei Sekunden schießt der stärkste M8 aus dem Stand auf Tempo 100. Da ist es gut, dass Beschleunigungsstreifen so lange sind, dass man nicht mit Vollgas auffahren muss, andernfalls würde sich hinter einem irgendwann der Asphalt in Wellen legen – wir haben eh schon genug Baustellen.

In der Stadt aber – und danach fragte ein Bekannter noch vor PS und Preis – fährt sich dieses Monster wie eine Luxuslimousine. Man muss nicht fürchten, auf Kreuzungen Chaos ausbrechen zu lassen und die nächste Ampel nicht zu derbremsen. Bandscheiben und Plomben bleiben, wo sie hingehören. Im Modus "Comfort" hat das schon was von einer Sänfte. Von einer mit Raketenantrieb, bei der nur die Vorstufe gezündet ist, aber die Hölle jederzeit losbrechen kann.
Das zu verhindern muss oberste Prämisse sein, wenn man alle Sitzplätze in diesem Wagen besetzt hat. Im Gran Coupé finden hinten zwei Erwachsene einen praktischen Einstieg und langstreckentauglichen Platz, können sich sogar das Klima eigens regulieren.
Bewegt man den M8 Comp, wie ich ihn respektvoll nenne, aber in dem Bereich, wo ich sagen würd, es wird dynamisch, also auf eine Rundstrecke, kugeln die Hinterbänkler über kurz oder lang aus dem Gurt raus und sitzen beim nächsten Anbremsen vorne. Vom elendigen Gekreische ganz zu schweigen. Da hätte BMW den Innenraum gar nicht so leise machen brauchen.
Die beiden M-Tasten
So einfach und komfortabel der Monster-BMW im Alltag zu fahren ist, so gut passt er auf den Rundkurs. Trotz seiner zwei Tonnen Gewicht lässt er sich wie ein extrem zugespitzter Sportwagen fahren. Man kann sich sogar aussuchen, ob man die 750 Newtonmeter über alle vier Räder oder nur die hinteren abdrücken lässt. Empfohlen sei hier Letzteres.
Am schnellsten geht das über die roten M-Tasten, die man zur Sicherheit zweimal drücken muss, bevor es im Auto laut wird.
Den letzten Kreischer gab es dann an der Tankstelle. Nach ein paar Runden im Kreis ist man vom Normverbrauch gar arg weit weg. Selbst wer sich im Griff hat, wird diesen M8 kaum unter zehn Liter bewegen. Super. Nicht Heidelbeeren. (Guido Gluschitsch, 09.11.2020)