Die meisten Infektionen verlaufen mild, aber auch dabei gibt es Abstufungen.

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Eine Covid-19-Erkrankung mit mildem Verlauf kann mit unterschiedlichen Ausprägungen und Symptomen ablaufen. Forscher der Med-Uni Wien haben nun sieben verschiedene Krankheitsformen dokumentiert. Außerdem stellten sie fest, dass die Erkrankung noch nach zehn Wochen deutliche Veränderungen im Immunsystem hinterlässt. Die Ergebnisse könnten bei der Behandlung von Patienten und der Impfstoffentwicklung eine wichtige Rolle spielen, hieß es am Montag in einer Med-Uni-Aussendung.

Die Unterscheidung in sieben Symptomgruppen wurde von Wissenschaftern unter der Leitung des Immunologen Winfried F. Pickl und des Allergologen Rudolf Valenta getroffen. Sie dokumentierten:

  • Grippale Symptome (mit Fieber, Schüttelfrost, Müdigkeit und Husten)
  • Schnupfensymptome (mit Schnupfen, Niesen, trockenem Hals und Verstopfung der Nase)
    Gelenks- und Muskelschmerzen
  • Augen- und Schleimhautentzündungen
  • Lungenprobleme (mit Lungenentzündung und Kurzatmigkeit)
  • Magen-Darm-Problemen (unter anderem mit Durchfall, Übelkeit und Kopfweh)
  • Verlust des Geruchs- und Geschmackssinns und anderen Symptomen.

"Bei letzterer Gruppe konnten wir zudem feststellen, dass vom Geruchs- und Geschmacksverlust vermehrt Personen mit einem 'jungen Immunsystem', gemessen anhand der Anzahl der kürzlich aus dem Thymus ausgewanderten Immunzellen (T-Lymphozyten), betroffen sind. Das heißt, wir konnten ganz klar systemische (zum Beispiel Gruppe 1 und 3) von organspezifischen Verlaufsformen (zum Beispiel Gruppe 6 und 7) der primären Covid-19-Erkrankung abgrenzen", erläuterte Pickl.

Außerdem dokumentierten die Wissenschafter in der im Journal "Allergy" veröffentlichten Studie mit 109 von Covid-19 Genesenen und 98 gesunden Personen, dass Covid-19 lange nachweisbare Veränderungen im Blut hinterlässt. So ist die Anzahl der Granulozyten, die im Immunsystem für das Bekämpfen von bakteriellen Krankheitserregern zuständig sind, in der Covid-19-Gruppe signifikant niedriger als üblich. "Das zeigt, dass sich das Immunsystem auch viele Wochen nach der ersten Infektion immer noch mit der Krankheit intensiv auseinandersetzt. Gleichzeitig sind die regulatorischen Zellen stark vermindert – das ist ein gefährlicher Mix, der auch zu einer Autoimmunität führen könnte", betonte Pickl.

Bei den von Covid-19 Genesenen wurden vermehrt Antikörper produzierende Immunzellen im Blut nachgewiesen. Je stärker – auch bei mildem Verlauf – das Fieber der Betroffenen war, desto höher waren dabei die Antikörperspiegel gegen das Virus. Die Studie zeige vor allem, dass das menschliche Immunsystem bei der Abwehr einer Erkrankung mit gemeinsamer Hilfe der Immunzellen und Antikörper "dopple" – wie in der Verteidigung einer modernen Fußballmannschaft – und dass sich die Zellen auch bestimmte "Spielzüge" des Virus merken und darauf reagieren können. Nun gehe es darum, diese Erkenntnisse umzusetzen und für die Entwicklung von Impfstoffen auszunutzen, betonten die Wissenschafter. (APA, 2.11.2020)