In einer Ausnahmesituation zu regieren ist schwierig: Man wird für die gesetzten Maßnahmen verantwortlich gemacht, hat meistens zu früh oder zu spät, definitiv aber falsch reagiert – und so weiter und so fort. Noch komplizierter ist es jedoch, wenn man nicht mitregiert. Das haben in den vergangenen Tagen SPÖ, FPÖ und Neos bewiesen. Nuanciertes, staatstragendes Handeln bringt keine Pluspunkte; schrille Töne und Populismus stoßen erst recht auf Ablehnung.

SPÖ-Parteivorsitzende Pamela Rendi-Wagner und Neos-Parteivorsitzende Beate Meinl-Reisinger.
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So fährt die FPÖ mittlerweile eine Linie, die von allen anderen Parteien abweicht. Sie spricht vom "Corona-Wahnsinn", feierte im Wiener Wahlkampf maskenlos und singend und sieht durch den Lockdown den Ständestaat wiederauferstehen. Da kann niemand mehr mit, da will niemand mehr anstreifen – auch wenn Neos-Chefin Beate Meinl-Reisinger mit ihrem Vergleich von Ausgangsbeschränkungen und "Kriegsrecht" einen Hauch von Kickl’scher Radikalität aufblitzen ließ.

Die Illusion der anderen zwei Oppositionsparteien, die FPÖ in eine gemeinsame Front gegen die Regierung einbinden zu können, währte nur kurz. Aber auch SPÖ und Neos verbündeten sich gerade einmal einen Tag lang. Am Samstag traten die beiden Parteichefinnen noch gemeinsam vor die Kameras, um fünf durchaus kluge Forderungen an die Regierung zu stellen. Im Hauptausschuss des Nationalrats trennten sich dann ihre Wege: Die SPÖ stimmte den Maßnahmen zu, die Neos stimmten dagegen. Und siehe da: Es dauerte nicht lang, bis den Neos eine "Totalopposition" und der SPÖ ein "Umfallen" vorgeworfen wurde. Harte Zeiten also auch für die Opposition. (Fabian Schmid, 2.11.2020)